Geologie und Weinbau
Max Kobel
Die Bedeutung der Geologie
für den Weinbau
Der Vaduzer Weinbau im Tal des Alpenrheins, einem
Gebiet, das geologisch und topographisch bereits zu
den Alpen gehört, verdankt seine Bedeutung dem
hier herrschenden Klima mit der geschützten Lage
vor dem kalten Nordwind, der Bise, und mit dem war-
men, trockenen Südwind, dem Föhn. Dieser ist vor
allem für das Ausreifen der Trauben in den Monaten
September und Oktober, aber auch während der
Rebenblüte willkommen, wenn er nicht nur die
Lufttemperatur erhöht, sondern auch den Nachtfrost
fernhält. Ohne den Föhn wäre besonders das
Ausreifen der anspruchsvollen Rebensorten, wie der
Pinot noir-Iraube (Blauburgunder), nicht immer
gewährleistet.
Nebst den klimatischen Voraussetzungen ist aber
für den Vaduzer Weinbau, wie in allen Weinbau-
gebieten, auch die Geologie in mehrfacher Hinsicht
von Bedeutung. Zu berücksichtigen sind dabei nicht
nur der Aufbau und die Zusammensetzung der
Anbauflächen: Art und Tiefe der Humusschicht und
des Mutterbodens, Wasserdurchlässigkeit beziehungs-
weise Feuchtigkeitsspeicherung sowie petrogra-
phisch-mineralogische Zusammensetzung, sondern
auch der geologische Aufbau der Umgebung, insbe-
sondere des Überliegergebiets. Er bedingt, zusam-
men mit den klimatischen Faktoren, die Morphologie
und Topographie (Geländeform und Steilheit), die
Verwitterung, die Erosion sowie die Akkumulation
von Erosionsprodukten (Schuttfächer, Schutthal-
den). Schliesslich sind die topographische Exposition
und die Feuchtigkeitseigenschaften des Weinbauge-
biets und von dessen näherer Umgebung massge-
bend für das Mikroklima verantwortlich, welchem
manche Anbaulagen ihren besonderen eigenständi-
gen Charakter verdanken.
Das geologische Umfeld der Weinberge
von Vaduz
Die Weinberge von Vaduz liegen ausnahmslos auf
transportiertem Lockergestein, dem südlichen Teil
des Schuttfächers der Möliholzröfi (vergleiche Abbil-
dung 1 und 2). Anbauflächen auf mehr oder weniger
tiefgründigen, residualen, das heisst an Ort und
Stelle entstandenen, Verwitterungsschichten des
Felsuntergrunds, wie zum Beispiel im Burgund, kom-
men nicht vor.
Schuttfächer sind Akkumulationen von Locker-
gesteinen, Erosionsprodukten aus dem anstehenden
Fels des überliegenden Talhangs. Der Materialtrans-
port zwischen dem Erosionsgebiet im Fels und der
Ablagerungsstelle geschieht durch fliessendes Wasser.
Die Schuttfächer beginnen dort, wo die das Schutt
material transportierenden Bäche aus den steilen, im
Fels eingeschnittenen Erosionstobeln auf ihren eige-
nen, zuvor abgelagerten Schutt austreten. Ihre Ober
fläche hat die Form eines Kegels und ist im oberen
Teil steiler, im unteren Teil, zum Talboden hin, fla-
cher geneigt. Die Schuttfächer an den Flanken des
Alpenrheintals entstanden seit dem Abschmelzen des
Talgletschers am Ende der letzten Eiszeit. Sie haben
eine Ausdehnung bis zu mehreren Quadratkilo-
metern und eine Mächtigkeit bis weit über hundert
Meter.
Das Ursprungsmaterial des Schuttfächers der
Möliholzröfi entstammt — in der Reihenfolge des
Anteils am Aufbau des Schuttfächers — dem Fels der
Drei Schwestern-Schuppe der oberostalpinen Lech-
taldecke, dem Vaduzer Flysch der nordpenninischen
Flysch-Serien und der zwischen diesen beiden
Einheiten eingeklemmten Aroser Zone. Die Drei
Schwestern-Schuppe besteht vorwiegend aus karbo-
natischen Gesteinen: Kalke und Dolomite der mitt-
leren Trias (alpiner Muschelkalk und Arlberg-Forma-