29. Oktober 1902
Vaduz. Weinlese
Die Weinlese hat heute begonnen. Die Ernte ver-
spricht, soweit heute ersichtlich, sowohl in Quantum
als auch in Qualität ein befriedigendes Ergebnis.
Wie wir von verlässlicher Seite vernehmen, wurde
in Feldkirch und auch weiterhin das Gerücht verbrei-
tet, dass die Vaduzer Trauben krank und infolgedes-
sen unbrauchbar seien und dass in Vaduz Maien-
felder Trauben eingeführt werden. Dem gegenübeı
erklären wir auf das Bestimmteste, dass dieses Ge:
rücht nichts als eine infame Lüge und böswillige Ver-
leumdung ist, dahin berechnet, den guten Ruf des
Vaduzer Weines, und dadurch auch die hiesiger
Weinproduzenten zu schädigen.
Unsere Weinstöcke und Trauben stehen gesund in
voller Frische da und lassen diesbezüglich nichts zu
wünschen übrig.?
30. Oktober 1902
Satzungen der Winzergenossenschaft Vaduz
Die folgenden Satzungen der Winzergenossenschaft
Vaduz werden durch die fürstliche Regierung geneh-
migt.%
1.
Die Winzergenossenschaft in Vaduz ist eine freie
Vereinigung von Weinbergbesitzern in Vaduz und hat
den Zweck, durch eine rationelle und sorgfältige
Pflege des Weinstockes, sowie durch strenge Sortie-
rung des Traubengutes einen möglichst guten Wein
zu erzielen und denselben gemeinschaftlich in den
Verkauf zu bringen.
92,
Mitglied dieses Vereins kann jeder unbescholtene
Weinbergbesitzer in Vaduz werden, welcher seinen
Reben die erforderliche Pflege angedeihen lässt. Die
Aufnahme geschieht durch den Ausschuss nach Stim-
menmehrheit.
3.
Die Genossenschaft wählt jährlich einen Ausschuss
von sieben Mitgliedern, welcher die Vereinsgeschäfte
zu führen hat und aus seiner Mitte einen Vorstand
einen Geschäftsführer und einen Kassier bestellt.
4.
Die Genossenschaft wird regelmässig am Schlusse
des Jahres einmal zusammentreten und den Rechen-
schaftsbericht des Ausschusses entgegen nehmen. Sie
prüft und genehmigt die Jahresrechnung und wählt
die Ausschussmitglieder für das neue Vereinsjahr.
Jedes Mitglied ist berechtigt, bei dieser Versammlung
Anträge und Beschwerden einzubringen und Be-
schlussfassung hierüber zu verlangen.
Ausserordentliche Generalversammlungen müssen
auf Veranlassung des Ausschusses oder auf Verlangen
von wenigstens 10 Mitgliedern einberufen werden.
5.
Der Vorstand vertritt die Genossenschaft nach aus-
sen und leitet die Ausschuss- und allgemeinen Ver-
sammlungen. Der Geschäftsführer leitet und besorgi
alle Geschäfte, welche die Weinlese, die Sortierung
des Traubengutes und den Verkauf betreffen. Er
führt die Protokolle und die Geschäftscorrespon-
denz. Der Kassier besorgt den Inkasso des verkauften
Weines und die Ausfolgung der Erlöse an die Genos-
senschaftsmitglieder. Der Geschäftsführer und der
Kassier beziehen für ihre Mühewaltung eine Entloh-
nung, welche über Antrag des Ausschusses von deı
Genossenschaftsversammlung festgesetzt wird.
6.
Der Ausschuss setzt jährlich die Weinpreise fest
und prüft und bewilligt die eingegangenen Bestellun-
gen, bevor sie dem Geschäftsführer zur Ausführung
übergeben werden. Er wird die Zahlungsfähigkeit deı
Käufer sorgfältig prüfen, um die Erlöse sicher zu stel-
len. Sollten-trotzdem Verluste entstehen, so werden
diese von der ganzen Genossenschaft getragen und
auf das Quantum der Ernte jedes Mitgliedes verteilt.
7.
Der gemeinschaftliche Verkauf bezieht sich vorläu-
Gig nur auf rotes Gewächs, für welches zwei Qualitäts-
klassen vorgesehen sind. Die Grenzen dieser Klassen
werden jährlich vom Ausschusse bestimmt und ist
hiefür Öchslin’sche Mostwaage massgebend. Wein-
moste, welche in ihrem Zuckergehalte unter der
zulässigen Grenze stehen, müssen zurückgewiesen