Weinpresse im
Roten Haus.
Torkelbaum,
Vorderdocke und
Spindel im
Hintergrund.
Die zum Bau der
Presse verwende-
ten Eichen-
stämme sind im
Jahr 1984
dendrochronolo-
gisch untersucht
worden
Anzahl der Jahrringe vom Zentrum bis zur Waldkante
kann das Lebensalter eines Baumes bestimmt wer-
den. Die Jahrringe weisen unterschiedliche Breiten
auf, die von den lokalen Witterungseinflüssen abhän-
gig und in keinem Jahr identisch sind. Sie zeigen den
Wachstumsverlauf des Baumes. Zur Datierung eines
Holzes werden Lebensalter und Wachstumsverlauf
bestimmt. Die daraus resultierende Wachstumskurve,
die graphische Darstellung der Jahrringabfolge, ist
für eine bestimmte Region unverwechselbar. Indem
sie in die lokale Jahrringchronologie, in den Jahrring-
kalender, eingepasst wird, kann das genaue Absterbe-
jahr eines Baumes ermittelt werden. Den Dendro-
chronologen ist es inzwischen möglich, für Eiche
genaue Datierungen, ausgehend von der Gegenwart
bis ins fünfte Jahrtausend vor Christus, durchzufüh-
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Seit 1984 werden in Zusammenarbeit mit dem
Laboratoire Romand de Dendrochronologie® im
Fürstentum Liechtenstein Holzdatierungen durch-
geführt. Mittlerweile sind für unsere Region
Jahrringkalender für Fichte, Tanrıe und Eiche erar-
beitet worden. In Zusammenhang mit baugeschicht-
chen Untersuchungen sind viele Erbauungs- und
Umbauphasen mittelalterlicher und neuzeitlicher
Bauten — in der Mehrzahl einfache Bauern- oder
Winzerhäuser — datiert worden.?! Zu den ersten un-
tersuchten Objekten gehören die Vaduzer Torkel-
bäume, die im Dezember 1984 mit Vorbehalten
datiert worden sind. Die Ergebnisse wurden in der
Folge auch publiziert. Inzwischen liegen für
Eichenholz aus der Region Liechtensteins viele
Wachstumskurven, die einen dichten Jahrringkalen-
der ergeben, vor. Die statistische Wahrscheinlichkeit
einer präzisen Datierung ist somit seit dem Jahr 1984,
als die Bohrkerne den Torkelbäumen entnommen
worden sind, erheblich grösser geworden. Aus diesem
Grund müssen heute die vor zwölf Jahren ermittelten
Daten überprüft und teilweise korrigiert werden.
Die Aufarbeitung der Analysen aus dem Jahr 1984
hat ergeben, dass der Wachstumsverlauf eines Teiles
der untersuchten Hölzer einen Dreijahreszyklus auf.
weist, in dem jeder dritte Jahrring jeweils kleiner ist.
Mit grosser Wahrscheinlichkeit entsprechen die klei-
nen Jahrringe dem Flugjahr der Maikäfer. Diese fres-
sen als Larven im Jahr vor ihrem Flug die Wurzeln
und als Käfer während der Flugzeit die jungen Blätter
der Bäume an. Hölzer mit ausgeprägten, durch die
Maikäfer verursachten Dreijahreszyklen, sind selten.
Vergleichsstücke aus den Kantonen Zug und Zürich
datieren ins ausgehende 18. und ins 19. Jahrhun:
% Auf Arbeitsgänge wie das Entschleimen oder das Einbrennen
wird ebenso nicht näher eingegangen wie auf die Fragen nach
dem Zucker- und Alkoholgehalt.
6 Tresterhut = Beerenhäute, die sich durch die aufschiumenden
Gärgase an der Oberfläche der Maische ansammeln.
Wichtige Hinweise zur Arbeitsweise mit der Baumpresse im
Roten Haus stammen von Hugo Sele, Triesenberg.
Zur Geschichte und Technik der Dendrochronologie: Riederer
(1981), S. 147, Dendrochronologie (1985), Kulturgüter (1989),
Orcel (1992) und Schweingruber; Schoch (1992).
Orcel (1992), S. 33.
Auswertungen durch Christian Orcel, Alain Orcel und Jean
Pierre Hurni vom Laboratoire Romand de Dendrochronologie,
rue Saint-Michel 4, 1510 Moudon.
Im Auftrag der Denkmalschutz-Kommission der fürstlichen
Regierung und der Gemeinde Vaduz sind in Vaduz mehrere
Hofstätten und zwei der noch bestehenden Torkel detailliert
baugeschichtlich analysiert worden. Die Untersuchungsberichte
sind von Peter Albertin, Bauhistoriker aus Winterthur, verfasst
worden.
2 Vgl. Waid (1991/2), S. 195.
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