100 Jahre im Dienste des Nächsten
Bereits lange vor der Vereinsgründung im Jah-
re 1896 gab es zahlreiche Bemühungen, welche
dem Kampf gegen das Feuer galten. Aus die-
sem Grund wollen wir - als Einleitung - kurz
das Feuerlöschwesen vor der Vereinsgründung
atwas näher vorstellen. Kennzeichnend für
diese alte Form der Feuerwehr waren chroni-
sch organisatorische Mängel. Schlechte Aus-
-üstung und Organisation waren jedoch nicht
ıur für das Feuerlöschwesen in Vaduz kenn-
zeichnend, sie beeinträchtigten auch den wir-
Kungsvollen Kampf gegen das Feuer in ganz
Liechtenstein. Diese Tatsache wurde meist
dann schmerzhaft ins Bewusstsein gerufen,
wenn grössere Brandkatastrophen ein Dorf
heimgesucht hatten. Oft war es erst ein fol-
genschwerer Brandfall, der Schritte zur Moder-
nisierung der Feuerwehr in die Wege leitete.
Die Feuerlöschordnung von 1812 bildete für
eine wirksame landesweite Organisation des
Feuerlöschwesens den gesetzlichen Rahmen,
der schliesslich 1865 durch ein Feuerpolizeige-
setz (mit beigefügter neuer Löschordnung)
neu gestaltet wurde.
Die dann ab 1867 einsetzende vereinsmässige
Gründung von Freiwilligen Feuerwehren in
den einzelnen Gemeinden schuf die notwen-
dige Verankerung des Feuerlöschwesens in
der liechtensteinischen Gesellschaft. Damit
waren weite Kreise der (männlichen) Bevölke-
zung aktiv miteinbezogen und - das ist hier
antscheidend - wirkungsvoll organisiert im
Kampf gegen das Feuer. Es besteht auch eine
Wechselwirkung zwischen der im 19. Jahrhun-
dert einsetzenden Industrialisierung und der
Modernisierung der Feuerlöschwesens, sei es
in Bezug auf die Ausrüstung der Feuerwehr.
oder in Bezug auf die Organisation von Lösch-
wasser. Neue Industriebetriebe machten sich
an die Nutzung des Quellwassers und förder-
ten so die Schaffung eines modernen Wasser-
versorgungssystems, das wiederum dem
Feuerlöschwesen zugute kam.
Frühe Organisation des Feuerlöschwesens
in Vaduz
Ursprünglich war es der durch die Gemeinde
organisierte Nachtwächterdienst, der die Auf-
gabe einer Feuer- und Föhnwache (mehr
schlecht als recht) erfüllte. Die Nachtwache
sorgte für die Sicherung von Ruhe und Ord-
nung, sie schlug Alarm im Falle eines Brandes
und sie hatte die Kompetenz, verdächtige
Leute festzunehmen. Eine diesbezügliche In-
struktion vom 5. September 1738 schrieb vor,
dass die Nachtwache “das müessig gesindl
von Mann und Weibs Persohnen” verhaften
(und nötigenfalls ausschaffen) solle.
Das Fürstlich-liechtensteinische Oberamt er-
liess am 7. April 1787 eine Wachtordnung, die
spezielle Bestimmungen für die Nachtwache
in Vaduz enthielt. Gemäss dieser Wachtord-
nung patrouillierte die Nachtwache zwischen
23 und 3 Uhr viermal durch das Dorf und pas-
sierte dabei elf Stationen. Die Nachtwache
zing an allen 8 alten Genossenschaftsbrunnen
vorbei: von der Florinskapelle über die Land-
vogtei zum “Städtle-Brunnen”, dann über den
‘Brunnen im Alten Bach”, den Brunnen bei
den Häusern des “Jos. Falcken”, des “Jos. Wal-
sers” und des “Jörg Jägers” zum “Oberdorfer
Brunnen”, und schliesslich vom “Brunnen im
Winkel” über des “Säckelmeisters Lorenz
3ossen Haus” zum “obern Brunnen im Alten
3ach”. Der genaue Verlauf dieser Route ist
ıicht genau zu rekonstruieren, doch vermutlich
ührte dieser Weg der Nachtwache durch das
Städtli über die Herra- und Hindergass ins
Oberdorf und von dort in den oberen Alta-
sach. Alle Männer ab 18 Jahren mussten Nacht-
wache schieben. Dies verfügte im Juni 1789 ein
sberamtliches Dekret
Schlechte Befolgung der Nachtwache
Dasselbe oberamtliche Schreiben beklagte
aber auch, dass die Handhabung der Nacht-
wache durch die liechtensteinischen Unterta-
ı1en “eher einer Verspottung als einer Befol-
gung der {geltenden] Verordnung gleich [kom-
me]“. Die gleichzeitig erlassene Ordnung wurde
offenbar auch nicht befolgt; denn bereits ein
'ahr später, 1790, drängte das Fürstliche Ober-
amt auf die Abschaffung des bisherigen Sy-
stems der Nachtwache. Stattdessen sollte ein
ordentlich besoldeter Nachtwächter angestellt
werden. Der Fürst bewilligte schliesslich noch
ım selben Jahr das oberamtliche Ansucher
Doch auch ein fest angestellter Nachtwächter
hatte eine undankbare Aufgabe zu bewältigen
Er musste abends darauf achten, dass in allen
Häusern das Feuer ausgelöscht wurde und
dass auch andere Vorsichtsmassnahmen (zum
Beispiel kein Umhergehen mit Licht im Stall)