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Liechtenstein — Ein Kleinstaat im Herzen Europas
Europa zuerkannt worden wäre. Selbst unter Berücksichtigung der Möglichkeit, dass
eine derartige ”Sonderlösung” für Liechtenstein akzeptiert würde, kann man heute schon
sagen, dass die Beziehungen zu der Schweiz mit Sicherheit nie mehr so sein werden, wie
in der Vergangenheit. Ob dies letztendlich für Liechtenstein mit einem Vor- oder Rück-
schritt verbunden ist, wird jedoch nur die Zukunft weisen können.
46. Prinz Nikolaus: "Erste Früchte aus dem JA zum EWR"
Anlässlich einer Pressekonferenz gab S.D. Botschafter Prinz Nikolaus am 4.3.1993 be-
kannt, dass Liechtenstein durch das EWR-Zusatzprotokoll, über welches ja in Liechten-
stein noch abgestimmt werden könne, die Möglichkeit habe, auch zu einem späteren
Zeitpunkt noch dem EWR beitreten zu können. Mit der Ratifizierung dieses Protokolls
verpflichte sich Liechtenstein jedoch, sämtliche seit dem Frühjahr 1992 neu hinzugekom-
menen EWR-Regelungen vollumfänglich zu übernehmen. Bei den diesbezüglichen Be-
schlüssen des EWR-Rates werde Liechtenstein jedoch als stimmberechtigter Partner da-
bei sein, so sei dies jedenfalls vorgesehen. Was das EWR-Abkommen als solches anbe-
Jange, so sei dies in seiner ursprünglichen Substanz nicht verändert worden. Bezüglich
des Zollvertrages führte Prinz Nikolaus aus, dass dieser materiell gesehen nicht sehr um-
fangreich sei, jedoch bezüglich der Anwendung der einzelnen Regelungen entsprechende
Lösungen gefunden werden müssten. Derzeit würden zwischen S.D. Fürst Hans-Adam
I!. und der Verhandlungsdelegation alle zwei Wochen Besprechungen stattfinden, in wel-
chen sich der Landesfürst über den Stand der Verhandlungen informiere,
47. Botschafter Dr. Benno Beck: Warenverkehr steht im Vordergrund
An der Pressekonferenz vom 4.3.1993 zeigte Dr. Beck nochmals auf, dass Liechtenstein
einerseits weiterhin dem schweizerischen Wirtschaftsgebiet angehören, andererseits je-
doch die EWR-Mitgliedschaft verwirklichen möchte. Das Problem der Zugehörigkeit zu
zwei verschiedenen Wirtschaftsräumen gelte es nun zu lösen, wobei dies schwergewich-
tig den Sektor ”Warenverkehr” betreffe. Die diesbezüglichen Vorgaben der EG- sowie
EFTA-Staaten seien klar definiert worden: Das Verhältnis Liechtensteins zu der Schweiz
muss so angepasst werden, dass das gute Funktionieren des EWR (was immer das auch
konkret bedeutet) nicht in Frage gestellt wird. Im Rahmen der derzeitigen Expertenge-
spräche werde nun festgestellt, welche Ungereimtheiten den überhaupt bestehen. In einer
zweiten Phase (ab ca. Ende März 1993) würde man dann versuchen, die entsprechenden
Lösungen zu erarbeiten. Die Bereiche. Zoll- und Ursprungsfragen, technische Handels-
hemmnisse und Vorschriften, Normen, Geistiges Eigentum, Wettbewerbsrecht, öffentli-
che Auftrags- und Beschaffungswesen usw. würden dabei natürlich im Vordergrund ste-
hen. Die Regierung habe zwischenzeitlich auch Arbeitsgruppen für Sondierungsge-
spräche in den übrigen Bereichen (Dienstleistungs- und Kapitalverkehr, freier Personen-
verkehr etc.) gebildet. Selbst wenn für die ”Zollvertrags-Problematik”_ entsprechende
Lösungen gefunden werden könnten, wären diese dann noch den einzelnen EFTA- sowie
EG-Staaten zur Genehmigung vorzulegen