Volltext: Historiographie im Fürstentum Liechtenstein

HARALD WANGER 
Das Josef Rheinberger-Archiv und sein Forschungsgebiet 
Josef Rheinberger, 1839 in Vaduz geboren und 1901 in München gestorben, 
zählte zu seiner Zeit zu den bedeutendsten Komponisten und Kompositions- 
lehrern Europas. Obwohl seine Werke damals in ganz Europa und Nordameri- 
ka gespielt wurden und Schüler aus allen diesen Gebieten nach München 
kamen, um von ihm unterrichtet zu werden, spiegelt sein Nachruhm in keiner 
Weise die Bedeutung, die ihm zu seinen Lebzeiten zukam. Seine Bescheiden- 
heit, die es ihm nicht gestattete, lautstark für sein Schaffen einzutreten, wie 
auch der Wandel des musikalischen Geschmacks nach dem Ersten Weltkrieg, 
der vor allem in Europa die meisten Kompositionen aus dem 19. Jahrhundert 
suspekt erscheinen liess, vermochten auch die Werke Rheinbergers — mit 
Ausnahme von einigen Kompositionen der Kirchen- und Orgelmusik — ver- 
gessen zu machen. Einzig einige einstige Schüler bemühten sich um die 
Musik ihres ehemaligen Lehrers, und Liechtenstein versäumte es nicht, im- 
mer wieder, wenn auch kaum gehört, auf einen seiner grössten Bürger hinzu- 
weisen. 
1944 ergriffen zwei liechtensteinische Musiker die Initiative, um Material — 
Noten, Dokumente und Erinnerungsstücke — zu sammeln. Es waren der Fürst- 
liche Musikdirektor Severin Brender und der in Schellenberg wirkende Lehrer 
Walter Kaufmann, die planten, ein Rheinberger-Museum im Geburtshaus des 
Komponisten in Vaduz oder wenigstens einen Gedenkraum einzurichten. Im 
Juni 1944 gewährte die Fürstliche Regierung einen Kredit von 500 Franken 
für den Ankauf von Noten zu diesem Zweck, Es war dies, ein knappes Jahr 
vor dem Ende des 2. Weltkrieges, die letzte Gelegenheit, aus den zum Teil 
kriegsgeschädigten Verlagshäusern in Deutschland Werke Rheinbergers anzu- 
kaufen. Die wenigen noch lebenden Schüler des Meisters steuerten ebenfalls 
aus ihrem Besitz bei, und schliesslich reichte das Geld auch noch für den 
Ankauf von Rheinberger-Werken aus Nachlässen. Aus dem Familienbesitz 
der Rheinberger kamen Briefe von und an den Komponisten, Fotografien und 
Erinnerungsstücke als Leihgaben, so dass bald eine äusserst wertvolle Doku-
	        

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