scheinlich mit Hilfe des Heiligen Geistes, allesamt ohne Frauen fortpflanzten
und erstaunlicherweise nur männliche Nachkommen hatten. Diese im wahrsten
Sinne des Wortes «vereinfachten» Stammtafeln führen zu einem sexistisch
gesäuberten Text, in dem Frauen nur noch als Accessoires Erwähnung finden. So
z. B. im Abschnitt über den goldenen Wagen die von Fürst Wenzel «einzuholen-
de» Braut des späteren Kaisers Joseph II. Isabella von Parma.
Der Text ist mit den Porträts der regierenden Fürsten illustriert und deren
Leistungen sind jeweils kurz gewürdigt. Als zeitgleiche Regentin findet Kai-
serin Maria Theresia als einzige Frau Aufnahme in diese Ahnengalerie bedeu-
tender Männer. Im Kommentar heisst es, dass sie einschneidende Reformen
durchführte, wobei, ich zitiere, «ihr bedeutende Ratgeber zur Seite standen».
Unerwähnt bleibt Fürstin Franziska von Liechtenstein, die die Regentschaft
stellvertretend für ihren Sohn Johannes II. ausübte, unerwähnt Fürstin Gina
von Liechtenstein, die 1938 mit ihrem Mann nach Liechtenstein kommend,
die erste hier lebende Fürstin war und das Verhältnis von Volk und Fürsten-
haus entscheidend mitprägte. Dies sind nur zwei Beispiele.
Im vorliegenden Fall führte also nicht ein Mangel an aussagekräftigen Quellen zur
Ausgrenzung der Frauen aus der Geschichte, sondern der Einsatz des Modells der
patrilinearen Sukzession als Strukturfaktor der Erzählung. Der Eindruck, den
dieses Kapitel über die Fürsten von Liechtenstein hinterlässt, mag zwar auch heute
noch dem Selbstverständnis des Adels entsprechen — das erst kürzlich revidierte
Hausgesetz der Fürsten von Liechtenstein untersagt den Frauen das Recht auf
Mitbestimmung — mit einer Geschichtsschreibung, die die Gleichwertigkeit der
Frau postuliert, hat diese Darstellung jedoch nichts zu tun.
Den Zusammenhang von Genealogie, Historiographie und dem Ausschluss der
Frauen aus der Geschichte hat die italienische Professorin Gianna Pomata in einem
scharfsinnigen Aufsatz dargelegt, dessen Lektüre ich empfehlen möchte.®
Ein weitere These der historischen Frauenforschung lautet: Wissenschaftliche
Aussagen treten oft mit einem Universalitätsanspruch auf, obwohl sie sich in
vielen Fällen nur auf Männer beziehen. Ein treffendes Beispiel hierfür ist die im
Umfeld der französischen Revolution entwickelte Konzeption der Menschen-
rechte. Dass sich die Prinzipien von Freiheit und Gleichheit ausschliesslich auf
Männer bezogen, erfuhr die Revolutionärin Olympe de Gouges am eigenen
Leib. Sie legte 1791 der Nationalversammlung eine «Erklärung der Rechte der
Frau und Bürgerin» vor, fand jedoch kein Gehör und wurde schliesslich auf dem
Schaffot hingerichtet. Im gängigen Geschichtsbild fehlt bis heute nicht nur
ES