Das alte Städtli Vaduz mit dem Engel-Brunnen. Linol-
schnitt von Eugen Verling
schaftlichen Brunnen gab es auch mehrere öffent-
liche Brunnen. Sie waren Allmendgut der gesamten
dörflichen Gemeinschaft. Diese Brunnen waren für
alle zugänglich und nutzbar. Sie durften nicht ohne
Bewilligung zur Speisung privater Brunnen ange-
zapft werden. Die öffentlichen Brunnen standen — wie
vielerorts — am Beginn der allgemeinen Wasserversor-
zung der Gemeinde Vaduz.
Die soziale Bedeutung der Brunnen
Solange Wasser ins Haus getragen werden musste, so-
ange es kein fliessendes Wasser in der Küche, keine
Wasserspülung im Abort und kein Badezimmer gab,
solange war der Weg zum Brunnen für die bäuerliche
und kleingewerbliche Lebensgemeinschaft besonders
wichtig. Brunnen waren Kristallisationspunkte gemein-
schaftlichen Lebens. Das Geschehen am Brunnen
widerspiegelte den Alltag der Anlieger. Das Vieh wurde
dort getränkt, Geschirr gewaschen, hölzerne Kübel,
Gelten und Zuber im Wasser liegend verschwellt. Auch
benachbarte Handwerker, wie Korbmacher, Schreiner,
Küfer und Schmied, waren auf den Brunnen ange-
wiesen.
Recht fröhlich konnte die Stimmung am Brunnen
werden, wenn Frauen und Mädchen die wöchentliche
Wäsche spülten. Brunnen waren auch der Ort für aller-
lei Unfug und Allotria, getrieben besonders von Kin-
dern und Jugendlichen: auslaufen lassen, Röhren ver-
stopfen, unfreiwilliges Taufen und anderes mehr.
Seit das Wasser im Haus fliesst, sind Brunnen nicht
mehr im gleichen Mass wie früher Orte der Gesellig-
keit. Ein Rückzug ins Private, hinter die Hausmauern,
nat stattgefunden. Die gesellschaftliche Bedeutung des
Wassers hat abgenommen. Wir erleben es nur noch
selten als natürliche Lebenskraft.
Die alten Vaduzer Genossenschaftsbrunnen
Schriftliche Hinweise über Anzahl und Standorte der
alten Brunnen in Vaduz finden sich erst Ende des 18.
Jahrhunderts. Die Wachtordnung für den Markt Liech-
;enstein (Vaduz) vom 7. April 1787 beschreibt den
Vachtwachedienst, den alle “Gemeindsgenossen und
Insässen” in der Reihe abwechselnd zu verrichten hat-
ten. Die Ordnung nennt alle Stationen des nächt-
lichen Wachtgangs. Von den elf Stationen sind acht
Brunnen. Der Wachtgang beginnt um 23 Uhr bei der
Florinskapelle und den Kaplaneihäusern, führt zur
Landvogtei, dann vom “Städtle-Brunnen” zum “Brun-
nen im Alten Bach”, von dort zu den Brunnen bei den
Häusern des “Jos. Falcken”, des “Jos. Walsers” und des
Jörg Jägers”. Von letzterem Brunnen geht es weiter
zum “Oberdorfer Brunnen”; dann zum “Brunnen im
Winkel” und über des “Säckelmeisters Lorenz Bossen
aus” zum “obern Brunnen im Alten Bach”. Hier
endete um 2 Uhr der letzte der drei stündlich zu
machenden Rundgänge. Die Route ist heute nicht
eindeutig zu rekonstruieren. Wahrscheinlich führte