Bode (1895a, S. 124-126) bezweifelte am Anfang, daß das Bild von Aldegrever stammen könnte. Er
ließ als erster die Inschrift technisch auf ihre Echtheit hin überprüfen, was von Benesch und ein
weiteres Mal für die Ausstellung der Donauschule 1965 (Sankt Florian 1965, Nr. 250) wiederholt
wurde. Obwohl Bode die Beziehung des Bildes zu anderen Gemälden eines Künstlers, der Meister
der Holzhausener Porträts genannt wurde und heute als Conrad Faber von Creuznach identifiziert
wird - mehrere seiner Werke tragen auf der Rückseite die Signatur CVC -, erkannte, ging er nicht so
weit, das Liechtensteinische Porträt diesem Meister zuzuschreiben. Baldass (1922, S. 84-85) und
Pauli (193171932, S. 46) hingegen, die irrtümlicherweise davon ausgehen, daß die Liechtensteiner
Inschrift gefälscht ist, schreiben das Werk tatsächlich Creuznach zu. Schließlich meint Buchner
(1928, S. 374-378), Jörg Breu der Ältere, ein bekannter Augsburger Künstler, sei der Maler des
vorliegenden Bildes.
Voss (1907, S. 156-157) weist auf ein Bildnis (Niedersächsisches Landesmuseum, Hannover; Jörg
Breu dem Älteren zugeschrieben) hin, das dasselbe Individuum, offensichtlich ein Jahrzehnt später,
zu porträtieren scheint. Das Hannoversche Modell hat denselben schmalen Mund und dieselbe breite,
birnenförmige Nase, jedoch ein weniger rundes Gesicht. Vom auffälligen Schielen des
Liechtensteinischen Modells - ein Merkmal, das später "korrigierend" übermalt wurde und erst beim
Entfernen der betreffenden Farbschicht wieder zum Vorschein kam - ist im späteren Porträt nichts zu
bemerken. Das Hannoversche Porträt ist von mittelmäßiger Qualität und sollte weder Breu noch dem
Monogrammisten AG zugeschrieben werden.
Einige andere Porträts wurden ebenfalls dem Monogrammisten AG zugeordnet, jedoch nie in völlig
überzeugender Weise. Die besten Kandidaten sind ein Porträt eines Mannes (Staatliche Museen
Preußischer Kulturbesitz, Berlin-Dahlem), Porträts eines verheirateten Paares (Ikle Sammlung, Sankt
Gallen, Schweiz und Kunsthistorisches Museum, Wien) sowie das Porträt von Michel Agler aus dem
Jahre 1529 (Germanisches Nationalmuseum, Nürnberg). Das Liechtensteinische Porträt übertrifft
jedoch alle an Qualität. Es scheint ein Einzelstück zu sein, ein Meisterstück eines Künstlers,
beeinflußt von Breu und Faber, dessen Einfühlungsvermögen in Bezug auf die Natur die Kenntnis
von Werken von Künstlern aus der Donauregion bestätigt.
Guy C. Bauman
LITERATUR: Waagen 1862, S. 240; Waagen 1866, 5. 279; Kat. 1873, Nr. 1072; Kat. 1885, Nr. 699; Woltmann und
Woermann 1887, S. 234; Janitschek [1890], S. 530; Suida 1890, Bd. 2, S. 117; Pauli in Thieme-Becker, Bd. 1 (1907),
S. 241; Friedländer 1908, S. 393 (als Meister der Holzhausener Porträts); Kat. 1931, Nr. 699; Deutsch 1935, S. 28;
Munich 1938, S. 149-150; Strohmer 1943a, S. 103; Kat. 1943, Nr. 65; Thieme-Becker, Bd. 37 (1950), S. 373; Fritz
1959, S. 81; Stange 1964, S. 153; Kat. 1979, Nr. 10; Baumstark 1980, Nr. 129.