Chalzedon, Alabaster, Lapislazuli und Onyx - voll zur Geltung kommen kann und eine
naturalistische, bildmäßige Wirkung erreicht wird. 1586 hatte sich die Florentiner Werkstatt, das
Opificio delle Pietre Dure, in den Uffizien etabliert, und zwei Jahre später wurde sie vom
Großherzog Ferdinand I. (1549-1609) reorganisiert. Großherzog Ferdinand I. schenkte Kaiser
Rudolf II. (1552-1612) einen Tisch mit einer Florentiner Pietra-dura Platte. Kurz darauf gab Rudolf
II. einen weiteren Tisch bei den Florentiner Ateliers in Auftrag (Neumann 1957, S. 168-173). Unter
Aufsicht des Goldschmieds Jacques Bylivelt (1550-1603) begannen die Mailänder Brüder Gian
Ambrogio und Stefano Caroni (gest. 1611) sowie Cristofano Gaffuri (gest. 1626) 1590 in Florenz
ihre Arbeit an der zweiten Tischplatte. Die letzte Zahlung wurde 1597 getätigt, und der Tisch wurde
zu einem der wertvollsten Stücke der kaiserlichen Kunstkammer in Prag (Fock 1982, S. 264-267).
Zur ungefähr gleichen Zeit stellte der Kaiser zwei Florentiner Spezialisten der Pietra-dura Arbeit,
Cosimo Castrucci und seinen Sohn Giovanni, für die Ateliers seines kaiserlichen Hofs in Prag ein
Neumann erkannte als erster die künstlerische Identität von Vater und Sohn Castrucci in mehreren
Pietra-dura Platten, die sich gegenwärtig im Kunsthistorischen Museum in Wien (Inv. Nr. 3037,
3397, 3002) befinden. Er verglich sie mit dem in den Jahren 1607 bis 1611 erstellten Inventar der
kaiserlichen Kunstkammer in Prag, das vor einiger Zeit in der Liechtensteiner Sammlung vom
ehemaligen Direktor der Sammlung, Gustav Wilhelm, entdeckt und von Bauer und Haupt (1976)
veröffentlicht wurde. Laut Neumann wird Cosimo Castrucci zum ersten Mal in seiner Funktion als
Steinschneider in Prag in einem Eintrag einer Zahlung aus dem Jahre 1596 erwähnt. Zwischen 1605
und 1610 gingen auch Zahlungen an Giovanni Castrucci. Weitere Belege wurden in der Folge von
Fock (1974, S. 123, 146), Krcälovä und Aschengreen-Piacenti (1979, S. 251-253) sowie
Przyborowski (1982, Bd. 1, S. 276-277, und Bd. 2, S. 593-594) in Florenz entdeckt. Giovanni
wurde Kammer-Edelsteinschneider des Kaisers im Jahre 1610, was möglicherweise ein Hinweis
darauf sein könnte, daß Cosimo in dem Jahr gestorben war. Im folgenden Jahr bekam Giovanni das
Angebot, im Florentiner Opificio zu arbeiten. Er scheint jedoch in Prag geblieben zu sein, wo er
wahrscheinlich um das Jahr 1615 starb. Im Atelier in Prag arbeitete auch Giovannis Sohn Cosimo di
Giovanni, spätestens seit 1615, sowie einer seiner Schwiegersöhne, Giuliano di Piero Pandolfini, der
in einem Dokument von 1622 erwähnt wird. Die Existenz eines weiteren Mitglieds der Prager
Werkstatt, Hans Bartzels, geht aus einem Beleg einer an ihn getätigten Zahlung von 1627 hervor
(Haupt 1983, Quellenband, S. 324). Es ist jedoch nicht bekannt, wie lange das Atelier bestehen blieb.
Das einzige unbestrittene Werk Cosimo Castruccis ist eine signierte Landschaft im Kunsthistorischen
Museum in Wien (Inv. Nr. 3037) aus dem Jahre 1576 oder 1596 (je nach Interpretation der dritten
Ziffer des Datums; siehe Neumann 1957, S. 168, Abb. 197-198, S. 184 Nr. 111, S. 199, Nr. 1), die
Castrucci seinem zukünftigen Arbeitgeber als Probestück geschickt haben soll. Eine Dokumentation
von Giovannis Stil liefert eine Landschaft mit einer Brücke und einem Obelisken mit dem kaiserlichen
Wappen, das auf einer Graphik von Johann Sadeler I. (1550-ca. 1600) aus dem Jahre 1599 nach
einer Zeichnung von Lodewijk Toeput (Neumann 1957, S. 170, Abb. 200, S. 171, Abb. 201, S. 185,
und S. 199, Nr. 3) basiert. Neumann führte eine zweite Platte (Inv. Nr. 3002) von Giovanni (1957,
S. 175, Abb. 203, und S. 199, Nr. 4) auf, aber es scheint sich hierbei um eine Arbeit der Werkstatt zu
handeln.
Die Pietra-dura Platten der Liechtensteiner Schatulle sind mit Sicherheit Erzeugnisse der Werkstatt,
wenn nicht sogar von Cosimo oder Giovanni Castrucci selbst. Die Platte unten rechts auf der
Vorderseite der Schatulle, auf der ein Mann mithilfe einer Winde Wasser aus einem Brunnen
heraufholt, ähnelt im Design dem zweiten der Werke (Inv. Nr. 3002), das Neumann Giovanni
Castrucci zugeschrieben hat. Wilhelm (1976, S. 24) jedoch bemerkt, daß im Liechtensteiner
Geschäftsbuch für das Jahr 1623 eine Zahlung von 1134 Gulden an Ottavio Miseroni und die
Kunsthandwerker, die mit ihm an der Herstellung einer Truhe für den Fürsten arbeiteten, eingetragen
ist. Laut Distelberger (1980, S. 63) kann es sich bei der Truhe nur um die vorliegende Schatulle
handeln. Von dem in Mailand geborenen Miseroni (ca. 1560-1624) ist bekannt, daß er seit 1588 am
Hof von Rudolf II. in Prag arbeitete. Mit ihm werden Steinschneidekunstwerke unterschiedlicher Art