gelenkt und das geometrische Schema des Parterre wird in einladende Grünflächen verwandelt, die
hier und da in scheinbar unregelmäßigen Abständen von den konischen Silhouetten der Zierhecken
gespickt sind. Es gibt keinen größeren Kontrast zu der vielleicht zehn Jahre früher entstandenen, fast
axialen Ansicht des Zwinger in der Gemäldegalerie in Dresden. Ein weiterer Vorteil des Schemas des
Liechtensteiner Bildes - der Vordergrund wird durch die Balustrade der Terrasse eingegrenzt und
der Fürst relativ groß dargestellt - ist der Eindruck von Nähe zur Szene, die dem Betrachter
vermittelt wird, und, führt man diese Idee weiter, der Teilnahme an den Vergnügungen, die auf dem
Bild dargestellt sind. Auch dies wiederum in scharfem Kontrast zu dem distanzierten Standpunkt,
den Bellotto in seinen früheren Werken gewöhnlich einnahm. Ob er nun dieses Schema vom Theater
übernommen hatte oder nicht (siehe Baumstark 1980, Nr. 4), so wird doch eine große
Unmittelbarkeit und Dynamik erzeugt, die das fast blendende Licht und die Muster scharf umrissener
Schatten noch verstärken.
Es existieren Zeichnungen für die Figuren des Fürsten und seines Dieners, für den Mann am linken
Rand des Bildes, das Paar, das die Treppe hinaufkommt und den Mann am Fuß der Treppe, der dem
Betrachter den Rücken zukehrt, sowie die beiden Hunde (abgedruckt in Kozakiewicz 1972, Bd. 2,
Abb. 273-276).
Keith Christiansen
LITERATUR: Höss 1908, S. 22 und 137; Tietze 1919, S. 22, Abb. 16; Borenius 1921, S. 108ff., Abb. 11C; Tietze 1926,
Abb. 101; Kat. 1931, Nr. 889; Seidlitz 1911, S. 488; Fritzsche 1936, S. 64-65, 102, 115, Nr. 111, Abb. 84; Trost 1947,
S. 17, 25, Nr. 14, Abb. 14; Luzern 1948, Nr. 11; Sedlmayr 1956, S. 218, Abb. 234; Kozakiewicz 1957, S. 26-27, Nr.
44-47; Donzelli 1957, S. 17; de Logu 1958, S. 204; Pallucchini 1960, S. 226, Abb. 593; Lippold 1963, S. 32, Abb. 53;
Menz 1965, S. 22ff., 59, 66, 114, Nr. 53, Abb. 74; Kozakiewicz 1972, Bd. 1, S. 114ff., Abb. xxvI, Bd. 2, 5. 212ff.,
Abb. 271; Camesasca 1974, S. 84, 107, Nr. 164, Abb. 164; Pötschner 1978, S. 287, Nr. 31, Abb. 31; Knofler 1979, 5.
109-110, Abb. 35; Neubauer 1980, S. 43, Abb. I.
Bernardo Bellotto
Venetien, 1720-1780
SEITENANSICHT DES LIECHTENSTEINER GARTENPALAIS IN WIEN
Öl auf Leinwand, 100 x 159 cm
Liechtenstein Inv. Nr. 887
Dieses Bild wurde, wie sein Gegenstück (Kat. Nr. 1), von Fürst Joseph Wenzel während Bellottos
Aufenthalt in Wien 1759-1760 in Auftrag gegeben. Die Annahme, daß es sich bei den dargestellten
Personen auf der Terrasse um Fürst Wenzels Gemahlin, seinen Sohn und dessen Gemahlin oder eine
Schwester handele (Camesasca 1974, S. 107), ist nicht korrekt. In Wirklichkeit verstarb der Sohn
des Fürsten im Jahre 1723. Erbe wurde sein Neffe, Franz Joseph, der zur Zeit, als das Bild gemalt
wurde, 34 Jahre alt gewesen sein dürfte. Die Zeichnung für die Personengruppe sowie für den
Spaniel, auf den die Aufmerksamkeit der drei Personen gerichtet ist, hängen im Muzeum Narodowe