Dies lag darin begründet, daß das Haus Liechtenstein, trotz ausgedehnter Besitzungen, über kein
reichsunmittelbares, d. h. außerhalb des habsburgischen Machtbereiches gelegenes Territorium verfügte,
an dessen Eigentum die Vertretung im Reichsfürstenrat gebunden war. Erst im Jahre 1699 gelang es
Fürst Johann Adam Andreas, dem Enkel Karls von Liechtenstein, ein solches Territorium zu erwerben:
die von ihren Landesherren, den Grafen von Hohenems, abgewirtschaftete Herrschaft Schellenberg.
Auch die südlich daran angrenzende Grafschaft Vaduz konnte 1712 hinzugekauft werden. Schon im
darauffolgenden Jahr erhielten die Fürsten von Liechtenstein den langangestrebten Sitz, samt Stimme,
im Reichsfürstenrat. Im Jahre 1719 vereinte Kaiser Karl VI. die Herrschaft Schellenberg und die
Grafschaft Vaduz schließlich zum Reichsfürstentum mit dem Namen Liechtenstein.
Der politischen Bedeutung des Fürstentums Liechtenstein kontrastierten auffällig die geographische
Abgeschiedenheit und wirtschaftliche Bedürftigkeit des kleinen Landes. So ist es nur allzu verständlich,
daß Fürst Johann Adam Andreas die Position des Hauses Liechtenstein in unmittelbarer Nähe des
kaiserlichen Hofes in Wien auszubauen bestrebt war, wofür er mit der Errichtung zweier
herrschaftlicher Residenzpaläste in der Hauptstadt der Donaumonarchie einen anschaulichen Beweis
erbrachte. Öffentliche Ämter jedoch strebte er, wie schon sein Vater Karl Eusebius, nicht an. Johann
Adam Andreas konzentrierte sich vorrangig und erfolgreich auf die Verwaltung und Vergrößerung des
Familienbesitzes.
Enge Beziehungen zum habsburgischen Hof unterhielt im Verlauf des 18. Jahrhunderts Fürst Joseph
Wenzel von Liechtenstein. Seine hervorragende militärische Laufbahn begann unter Prinz Eugen von
Savoyen und gipfelte in seinem Aufstieg zum Generalissimus der kaiserlichen Armee, als welcher er,
gegen Spanien und Frankreich, die österreichische Herrschaft in Oberitalien sicherte. Insbesondere als
Reorganisator der kaiserlichen Artillerie erwarb er sich große Verdienste. Nach seinem Sieg gegen den
Preußischen König Friedrich den Großen im "Siebenjährigen Krieg" bei Kolin (1757) ehrte ihn Maria
Theresia mit einem eigens für ihn errichteten, in vergoldeter Bronze ausgeführten Denkmal, das
Aufstellung im Wiener Zeughaus fand. Doch auch in diplomatischem Dienst, etwa als Botschafter in
Berlin und Paris, war Fürst Joseph Wenzel für das Kaiserhaus tätig. Im Jahre 1760 führte er Prinzessin
Isabella, die Braut des Erzherzogs Joseph von Österreich und künftigen Kaisers; von Parma nach Wien -
sicherlich eine der schönsten Missionen seines an großen Aufgaben nicht eben ärmen Lebens.
Noch einmal war das Haus Liechtenstein mit Fürst Johann Joseph I. in den Anfängen des 19
Jahrhunderts auf das engste mit der Entwicklung europäischer Geschichte verknüpft, welche damals
sehr wesentlich durch die Gestalt Napoleons bestimmt wurde. Johann Joseph war primär, wie schon
Joseph Wenzel, Soldat. Auch er wurde zum Generalissimus der kaiserlichen Armee und zum
Feldmarschall ernannt. Nach der für die französischen Truppen-siegreichen Schlacht von Austerlitz
(1805) bestand Napoleon auf den Fürsten von Liechtenstein als Unterhändler für die
Friedensverhandlungen mit Kaiser Franz II. Noch im gleichen Jahr wurde das Reichsfürstentum
Liechtenstein in den unter französischen Protektorat stehenden Rheinbund aufgenommen, dessen
Mitgliedsstaaten ihren förmlichen Austritt aus dem Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation
erklären mußten. Die damit verbundene Anerkennung Liechtensteins als (quasi-) souveräner Staat
stellte Fürst Johann Joseph vor eine diplomatische Zerreißprobe, da er sich weder vom Reich lossagen.
noch gar Truppen aus Liechtenstein für den Rheinbund gegen das Reich zur Verfügung stellen wollte.
So ernannte er seinen jüngsten Sohn, den erst dreizehnjährigen Prinzen Karl, für den der Fürst jedoch
die Vormundschaft hatte, zum Landesherren des Fürstentums Liechtenstein und heuerte für diese sein
Kontigent nassauischer Soldaten an. Als Napoleon 1809 in der Schlacht von Aspern erstmals militärisch
unterlag, geschah dies wiederum unter maßgeblicher Beteiligung Fürst Johann Josephs als Führer der
kaiserlichen Kavallerie. Darum bemüht, zwischen Sieger und Besiegtem einen fairen Interessenausgleich
zu finden, stieß der Fürst bei Kaiser Franz II. auf wenig Verständnis. Johann Joseph mahn daraufhin