Vielfach werden die hier geschilderten Ereignisse in Zusammenhang
mit der berühmten Wlassow-Armee gebracht. Davon später mehr.
Weinstein vergleicht die beiden Truppenführer so:
„Die Leute des Generalmajors Holmston-Smyslowsky hatten nichts mit
der Wlassow-Armee zu tun. Sie waren ein weiterer ausländischer Split-
terverband, der in Uniformen der Wehrmacht gegen die Sowjetunion
kämpfen sollte. Aber ähnlich den Männern der ‚Russischen Befreiungs-
armee’ des Generals Wlassow durchlitten die Smyslowsky-Soldaten die
gleichen Tragödien militärischer Existenz.
Die Parallele beginnt mit der Einstellung zum Kriegsverlauf. W1assow
wie Smyslowsky als Russen wußten, daß die Sowjetunion nicht durch
militärische Kraft allein niederzuringen sei. Der Krieg mußte politisch
gewonnen werden. Man mußte die russischen Gefangenen, die Über-
läufer und die Emigranten als politische Einheit ins deutsche Lager zie-
hen. Natürlich sollte das Militärpotential russischer Soldaten in deut-
scher Hand voll genutzt werden. Doch hätte man die unzähligen Anti-
Kommunisten unter dem nationalen russischen Banner einigen müssen.
Das hat das Dritte Reich nicht gewollt.
Dramatische Kulissenkämpfe begleiteten von Anfang an die Absicht
weitsichtiger deutscher Offiziere und russischer militärischer Führer,
einen ‚russischen de Gaulle’ zu finden. OKH und OKW lagen mit der SS
und der NSDAP, dem Sicherheitsdienst und der Gestapo, Rosenbergs
Ostministerium und Ribbentrops AA in steter Fehde über die Art des
Vorgehens. Hitler agierte wie eine Sphinx. Bormann beobachtete
mißtrauisch Göring. In der Frage der Osttruppen war jeder gegen jeden.
Sieger blieb, soweit es sich um Wlassow handelte, der Reichsführer SS.
Holmston-Smyslowsky dagegen wurde vom OKH geschützt. Auch er
war ein Opfer der „separatistischen Lösung”. Die Partei hatte immer
getrennte russische Militäreinheiten gewollt. Dies sollten möglichst
Hilfswillige sein. Geschlossene operative Verbände lehnte man kurz-
sichtig ab. Die Absicht der Wehrmacht, intakte große Armeekörper aus
dem russischen Menschenpotential zu entwickeln, wurde immer wieder
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