Schlüsselfragen des EWR
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Anziehungskraft des Fürstentums hin, die mit dem höchsten Pro-Kopf-Einkommen in
Europa, der niedrigsten Arbeitslosenrate und den niedrigen Steuern zusammenhänge.
Sie befürchten weiter, dass Liechtenstein aufgrund seiner Kleinheit im Konfliktfalle
gleichsam an die Wand gedrückt werden könnte. Die Erfahrung spricht gegen ein
solches Szenario. Zunächst steht Brüssel im Ruf, die Kleinen gut zu behandeln. Es
besteht kein Grund zur Annahme, dass es bei einer vernünftigen Anrufung der
Schutzklausel durch das Fürstentum anders verfahren würde. (Dass eine sachlich
nicht gerechtfertigte Ergreifung von Schutzmassnahmen auf keine Gegenliebe stossen
würde, versteht sich von selbst.) Im übrigen würde möglicherweise gerade die
geographische Kleinheit das Land vor Ausgleichsmassnahmen, die ja den EU-
Entscheidungsmechanismus durchlaufen müssten, bewahren.
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Modifikationen vom 20. Dezember .
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In seiner Sitzung vom 20. Dezember 1994 hat der EWR-Rat Liechtenstein neben
vielen anderen Sonderregelungen wichtige Konzessionen im Bereich der Personen-
freizügigkeit gemacht, welche die mit der bisherigen Rechtslage verbundene
Ungewissheit weitgehend beseitigen. Die in Art. 9 Abs. 2 Protokoll 15 zum EWRA
statuierte Absichtserklärung der Vertragsparteien, wonach bei Ablauf der Übergangs-
zeit für Liechtenstein die Übergangsmassnahmen im Lichte der besonderen
geographischen Lage des Landes gemeinsam überprüft werden sollen, ist in die Form
einer Gemeinsamen Erklärung des EWR-Rates gegossen worden. Im einzelnen sind
drei Punkte hervorzuheben: (1) Der EWR-Rat erinnert zunächst daran, "dass sich die
Vertragsparteien des EWR-Abkommens verpflichtet haben, bei Ablauf der in Protokoll
15 dieses Abkommens vorgesehenen Übergangszeit die in diesem Protokoll
festgelegten Übergangsbestimmungen zu überprüfen und dabei die besondere
geographische Lage Liechtensteins gebührend zu berücksichtigen”. (2) Die für alle
EWR-Partner verbindliche Erklärung anerkennt, "dass Liechtenstein ein sehr kleines
bewohnbares Gebiet ländlichen Charakters mit einem ungewöhnlich hohen Prozent-
satz an ausländischen Gebietsansässigen und Beschäftigten hat". Ebenso wird das
"yitale Interesse Liechtensteins an der Wahrung seiner nationalen Identität" anerkannt.