Schlüsselfragen des EWR
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bislang nicht das geringste gegen das Gründungsmitglied Luxemburg unternommen
(das im übrigen den neuen Kommissionspräsidenten stellt), und es bestehen keinerlei
Anzeichen dafür, dass es in absehbarer Zeit zu entsprechenden Initiativen kommen
könnte. Leo Schuster vertritt deshalb zu Recht die Auffassung, Liechtenstein müsse
sich im EWR "keine allzu grossen Sorgen.... machen" ?’. Auch Graf/Eidenbenz/-
Marti halten es im Blick auf den Umstand, dass Liechtenstein nicht das einzige Land
im EWR mit derartigen Steuerprivilegien ist, für "vertretbar, vorerst den Lauf der Dinge
abzuwarten" *®, d.h. dem EWR beizutreten. In der Folge sollte das Fürstentum in
dieser Frage engen Kontakt mit Luxemburg halten. Diese Position erscheint umso
vernünftiger, als nach dem EWR-Ja vom 13. Dezember 1992 keine Geldabflüsse
bekannt geworden sind. Was mögliche Pressionsversuche von seiten nationaler
Regierungen von EWR-Staaten anlangt, so muss man sogar feststellen, dass die
EWR-Mitgliedschaft die einzige Möglichkeit wäre, welche dem Fürstentum Schutz
verschaffen könnte.
Es spricht also in der Tat vieles dafür, dass sich die in Rede stehenden Steuer-
privilegien im EWR besser verteidigen liessen als ausserhalb *®. Sollte die Kommis-
sion einen Erfolg an dieser Front anstreben, so könnte sie durchaus versuchen, ihn
im EWR-Ausland zu erzielen “*. Selbst wenn sich Liechtenstein einem allfälligen
Druck zu entziehen vermöchte, könnte der Finanzplatz trotzdem Schaden nehmen.
27 Auswirkungen auf die Finanzplätze Schweiz und Liechtenstein, 65.
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34.
Thomas Büchel, Liechtensteiner Volksblatt vom 29. 10. 1994, 5.
Die europäische Kommission ist im Frühling 1994 in Bern vorstellig geworden,
um das Problem der Steuerflucht anzusprechen. Das zeigt, dass das EWR-
Nein der Schweiz keine Garantie gegen entsprechenden Druck aus Brüssel
darstellt.