Schlüsselfragen des EWR
99
versteht sich, dass ein Beitritt Liechtensteins zum EWR vor diesem Hintergrund
interessante wirtschaftliche Perspektiven eröffnet. Je länger der Schweiz der Zutritt
zum europäischen Markt verwehrt ist (und das könnte im Blick auf die Interessenlage
Luxemburgs noch einige Zeit der Fall sein), umso eher bietet sich dem Fürstentum
Liechtenstein im Blick auf die geographischen Verhältnisse und die gemeinsame
Währung die Chance, sich als Platz für schweizerische Anlagefonds zu empfehlen. Die
fehlende Verrechnungssteuer ist eine günstige Voraussetzung.
Möglicherweise ist hier allerdings in der Praxis besondere Phantasie gefragt.
Graf/Eidenbenz/Marti bezeichnen das Fehlen einer eigenen Börse als Nachteil für das
Fondsgeschäft. Zweifelhaft sei sodann, "ob für hochqualifizierte Fondsmanager das
kleine, peripher gelegene Liechtenstein ein geeignetes Arbeitsumfeld bieten kann". Ein
möglicherweise erfolgversprechendes Modell sehen die Autoren deshalb in der
Gründung von Anlagefonds "mit Hauptsitz in Liechtenstein und Aussenfilialen an den
wichtigsten Börsenplätzen in Europa, was nach dem EWR-Vertrag (single banking
license) leichter zu realisieren sein wird", Dabei wäre an Joint Ventures liechten-
steinischer Banken untereinander oder mit ausländischen Partnern zu denken !”*
2.4. Versicheruhgen
Zur Erhöhung der Attraktivität des Standorts Liechtenstein plant die Fürstliche
Regierung des weiteren die Schaffung eines Versicherungsaufsichtsgesetzes !®.
Liechtenstein soll damit nach dem Vorbild anderer Finanzplätze auch zu einem
Versicherungsplatz gemacht werden. Dass es sich dabei um einen lukrativen Sektor
nandelt, braucht nicht besonders betont zu werden. Europarechtlich ist auch hier
entscheidend, dass aufgrund der Prinzipien der Einheitslizenz und der Herkunfts-
79 Graf/Eidenbenz/Marti, 92.
180
Val. dazu Michael Ritter, Liechtensteiner Volksblatt v. 11. 1. 1995, 2.