Grundzüge des EWR-Abkommens
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im Bereich des Vertrags- bzw. Abkommensverletzungsverfahrens kommt das
Zweisäulenprinzip besonders deutlich zum Ausdruck. Art. 109 Abs. 1 EWRA hält dazu
fest, dass die Kommission die Erfüllung des EWRA durch die EU-Mitgliedstaaten zu
überwachen hat, während der ESA die gleiche Aufgabe mit Bezug auf die dem EWR
angehörenden EFTA-Staaten zufällt. Um eine einheitliche. Überwachungspraxis
sicherzustellen, haben die beiden Behörden zu kooperieren. Bei Meinungsver-
schiedenheiten über das Vorgehen in einem Beschwerdefall oder über das Ergebnis
der Prüfung kann jedes Organ den Gemeinsamen EWR-Ausschuss anrufen (Art. 109
Abs. 5 i.V.m. Art. 111 EWRA).
3,
Auslegung des EWR-Rechts
Auch bei der Auslegung des EWR-Rechts muss zum einen die Homogenität, zum
anderen die Souveränität der EFTA-Staaten gesichert werden. Streitigkeiten betreffend
die Auslegung oder Anwendung des EWRA hat der Gemischte Ausschuss beizulegen.
Wenn es um Bestimmungen geht, welche mit EU-Recht identisch sind, so können die
Vertragsparteien den EuGH mit der Interpretation beauftragen. Wird im Gemischten
Ausschuss keine Einigung erreicht oder haben die Vertragsparteien sich nicht auf die
Anrufung des EuGH verständigt, so können sie (entsprechend den jeweils vor-
gesehenen Verfahren) entweder Schutzmassnahmen ergreifen oder nach dem
Verfahren des Veto vorgehen (Art. 105).
1
Anwendung des Wettbewerbsrechts im besonderer
Was die Abgrenzung der Zuständigkeiten der beiden Überwachungsbehörden bei
Fällen nach Art. 53 EWRA (der Art. 85 EGV entspricht) anlangt, so gilt folgendes: Ist
lediglich der Handel zwischen EFTA-Staaten betroffen, so ist die ESA allein zuständig.
Die ESA hat ebenfalls zu entscheiden, wenn 33 Prozent oder mehr des auf dem
gesamten Gebiet des EWR erzielten Umsatzes auf dem Territorium der EFTA erwirt-
schaftet werden (sog. gemeinsame Fälle). Die Missbrauchsaufsicht nach Art. 54
EWRA obliegt der Behörde, auf deren Gebiet die Monopolstellung besteht. Besteht sie