Nach Anthonis van Dyck (1599-1641)
Bildnis der Königin Henrietta Maria von England (Kopie des 17. Jh.)
Öl auf Leinwand
100,5 X 82,5 cm
LSK 68.03
1632 trat Anthonis van Dyck zunächst als «Principal Painter in
Ordinary to their Majesties» in den Dienst des englischen Kö-
nigs Charles I.; kurz darauf wurde er zum Ritter geschlagen und
erhielt ein Jahresgehalt von 200 Pfund Sterling. Seine Pflichten
zeichten von Porträts bis zur Ausführung figürlicher Themen.
Porträts betrafen alle Formate und Wiedergaben nach dem le-
benden Modell ebenso wie posthume Bildnisse nach früheren
Anthonis van Dyck, Bildnis der Königin Henrietta Maria von Englan«
”The Metropolitan Museum of Art. New York)
Vorlagen. Erhaltene Rechnungen weisen unter anderem «Neun
Gemälde des Königs und der Königin» (1633, für die Summe
von 444 Pfund) aus und belegen die Ausführung verschiedener
Aufträge zur Ausstattung königlicher Repräsentationsräume
und zum Zweck von Geschenken zwischen 1632 und 1639. Die
frühesten Porträtaufnahmen nach dem lebenden Modell dürften
die Vorstudien für das Familienbild von 1632 gewesen sein, die
auch in späteren Bildversionen wiederverwandt wurden.
In der Wendung des Kopfes und in der Beleuchtung der Ge-
sichtspartien schliesst auch das Gemälde der Königin Henrietta
Maria in Halbfigur aus dem Jahre 1636, gemalt für den Kardinal
Francesco Barberini, den Neffen des Papstes Urban VII., an den
Typus von 1632 an. Das Original befindet sich heute im Metro-
politan Museum, New York;' eine Reihe von Varianten und Ko-
pien sind überliefert. Als unmittelbare Repliken führt Larsen
fünf Beispiele an.? Nahverwandte Kompositionen nach dersel-
ben Gesichtsaufnahme stellen die im Format ähnlichen Gemäl-
de in englischem Privatbesitz, in Dresden, London (Wallace
Collection) und San Diego dar. Aber auch die stehend ganzfigu-
rigen Ausführungen in Windsor und St. Petersburg beruhen auf
derselben Ausgangsstudie. Das Bildnis der Liechtensteinischen
Staatlichen Kunstsammlung ist in allen Details — Handhaltung,
Haarmode, Kleidung — eine Wiederholung des Barberini-
Porträts von 1636. Wiederholungen in der Werkstatt und zeit-
genössische Kopien müssen zahlreich angenommen werden,
Die flächige AulaSr sr Sokaithen und die gleichmässig auf-
gesetzten Lichtreflexe sprechen für eine solche zeitgenössische
Wiederholung, wobei der dünne Farbauftrag eher für eine Ent-
stehung ausserhalb der Werkstatt spricht.
Das Gemälde wurde 1993 im Schweizerischen Institut für
Kunstwissenschaft untersucht.? Danach ist die alte — relativ grob
gewobene — Leinwand bis zu den Umschlagkanten erhalten.
C.G.
Larsen, Erik: The Paintings of Anthony van Dyck. Freren, 1988, Bd. II, Nr. 869.
Millar, Oliver: Van Dyck in England. Ausst.-Kat. National Portrait Gallery. London
1982, S. 46 ff.
Larsen, wie Anm. 1, Liste A 227/1-5, S. 489.
Technologischer Untersuchungsbericht des Schweizerischen Instituts für Kunst-
wissenschaft, Zürich, SIK-Nr. 7.395, 8. 7. 1993.