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Der Ablauf eines Zivilprozesses
Ebenso wie Im Strafprozess gelten im
streitigen Zivilverfahren der Grundsatz
der Mündlichkeit, der Unmittelbarkeit
und der Öffentlichkeit sowie der Grund-
satz der freien Beweiswürdigung durch
den Richter. Im streitigen Zivilprozess
gilt normalerweise der Untersuchungs-
grundsatz sowie das Anklageprinzip
ıicht. Hingegen wird der streitige Zivil-
prozess durch den Dispositions-
grundsatz beherrscht. Dieser Grund-
satz bedeutet nichts anderes, als dass
die Parteien Verfügungsfreiheit über
den Streitgegenstand haben. Er äussert
sich in dreierlei Hinsicht:
Die Einleitung des Verfahrens (Klage
und Erhebung von Rechtsmitteln) ist
Sache der Parteien,
die Parteien bestimmen durch ihre
Anträge den Gegenstand der gericht-
chen Verhandlung und Entscheidung
und
die Parteien können über den Streit-
gegenstand bestimmen; sie können
aine Schuld anerkennen, Verzichts-
arklärungen abgeben oder einen
Vergleich schliessen und damit den
Prozess beenden.
Ablauf eines streitigen Zivilverfahrens:
Im Jahre 1990 hat Beat Bauherr ein
Haus an der Vaistligasse in Vaduz gebaut.
Er hat in diesem Zusammenhang bei
dem Schreiner Holzer eine Küche
bestellt und sie auch in der Folge ein-
bauen lassen. Für die Küche war ein
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Preis von sFr. 30 000.- inklusive Einbau
vereinbart. Bei Lieferung hat Beat Bau-
herr bereits sFr. 10 000.- bezahlt. Den
'estlichen Kaufpreis hat er nicht bezahlt,
weil er sich auf den Standpunkt stellte,
dass die gelieferte Küche mit verschie-
denen Mängeln behaftet sei. So würden
Türen nicht ordanungsgemäss schlies-
zen, beim Einbau seien bereits diverse
Schubladen nicht richtig gegangen und
Geräte nicht richtig angeschlossen wor-
den. Er hat in diesem Zusammenhang
dem Schreiner auch eine Frist ange-
setzt, die entsprechenden Ausbesse-
rungsarbeiten vorzunehmen. Nachdem
der Schreiner diesen Ausbesserungs-
auftrag nicht ausgeführt hat, hat sich
3eat Bauherr entschlossen, die restliche
<aufsumme nicht zu bezahlen.
Schreiner Holzer hat daraufhin Beat Bau-
herr mehrere Male schriftlich gemahnt
und für den restlichen Kaufpreis von
sFr. 20.000.- bei der Exekutionsabtei-
ung einen Zahlbefehl beantragt. Gegen
diesen Zahlbefehl hat B. Bauherr Wider-
spruch erhoben, wodurch Holzer ge-
zwungen war, seine restliche Forderung
von sFr. 20 000.—- einzuklagen. Zu die-
sem Zweck beauftragte er einen Anwalt
mit der gerichtlichen Durchsetzung sei-
nes Anspruches. Der Rechtsanwalt von
Holzer beantragte beim Vermittleramt in
Vaduz die Abhaltung einer Vermittlungs-
verhandlung und die Vermittlung des
<lagebegehrens.
Da B. Bauherr zu dieser Vermittlungsver-
handlung nicht erschienen war, ver-
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