Volltext: Die liechtensteinische Staatsordnung

Monarchischer Konstitutionalismus 
die Gestalt einer verfestigten Korporation, eines Organismus angenom- 
men, «der nach den Regeln der Verfassung verschiedenen Mächtegrup- 
pen Einfluss gibt».219 
IL. Oktroyierte oder paktierte Verfassung 
Die Konstitutionelle Verfassung vom 26. September 186221! greift auf die 
frühkonstitutionelle Verfassungsphase zurück?!? und weist den Fürsten 
als Verfassunggeber aus, der die Verfassung von 1818 jederzeit einseitig 
ändern und aufheben konnte. Auch wenn im Ingress der Verfassung von 
«vertragsmässiger Zustimmung» die Rede ist,?!? liegt der förmliche Gel- 
tungsgrund der Verfassung in seiner Inkraftsetzung.?!* Der Fürst 
erscheint als derjenige, der die Verfassung allein «geordnet» hat. Er ist als 
«souveräner Fürst» der eigentliche Verfassunggeber. Sie wurde von ihm 
gewährt und galt als «Ausdruck der Souveränität des Herrschers».215 Die 
Landstände treten nicht als konstituierende Gewalt auf. Es handelte sich 
zwar um einen vollständig überarbeiteten Verfassungsentwurf der Land- 
210 Stefan Korioth, «Monarchisches Prinzip», S. 47; vgl. zur patrimonialen Staatstheo- 
rie vorne S. 59 Fn. 96 und hinten S. 247 ff. 
211 Zur Entstehung der Verfassung siehe Peter Geiger, Geschichte, S. 248-286 (264 ff.). 
212 Peter Geiger, Die liechtensteinische Volksvertretung, S. 41. 
213 Sie beruft sich auch auf das Gottesgnadentum, das die «göttliche Einsetzung» bein- 
haltete bzw. aus dem sich die monarchische Gewalt herleitete. So Roman Herzog, 
Allgemeine Staatslehre, S. 199 f. Siehe den Unterschied zur Verfassung für das 
Königreich Württemberg von 1819, abgedruckt, in: Ernst Rudolf Huber, Doku- 
mente zur deutschen Verfassungsgeschichte, Bd. I, S. 187. Dort fehlt die Formulie- 
rung «von Uns geordnet wurde» und die Präambel ist anders gefasst, sodass sie nach 
Ernst Rudolf Huber, Deutsche Verfassungsgeschichte, Bd. I, S. 334 «der erste echte 
Verfassungsvertrag des konstitutionellen Repräsentativsystems» gewesen ist. 
214 Vgl. Christian Hermann Schmidt, Vorrang der Verfassung, S. 45. 
215 Werner Heun, Die Struktur des deutschen Konstitutionalismus, S. 373 f.; vgl. auch 
Dieter Grimm, Die Zukunft der Verfassung, S. 59. Nach ihm liegt der Geltungs- 
grund im Willen des Monarchen. Günther Winkler, Staatsverträge, S. 112 sieht den 
Grund für das noch einigermassen zurückhaltende konstitutionelle Konzept des 
Jahres 1862 darin, «dass der Fürst auf Grund seiner Vollsouveränität die Verfassung 
einseitig erliess und zögerte, seine Prärogativen zu sehr zu beschneiden». Vgl. auch 
Stefan Malfer, Der Konstitutionalismus in der Habsburgermonarchie, S. 18. Er weist 
darauf hin, dass die Verfassungen, auch wenn sie in Wirklichkeit aufgrund inneren 
und äusseren Druckes gegeben werden mussten, in formaler Hinsicht als gewährt 
und als freiwillige Selbstbeschränkung hingestellt worden seien. 
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