Zuständigkeiten und Verfahren
4. Entscheidung
Gegenstand des Entscheidungsspruchs des Staatsgerichtshofes können
die Nichtigerklärung der Wahl für den betreffenden Wahlkreis oder der
Wahl eines Abgeordneten oder Ersatzabgeordneten sowie die Berichti-
gung des Wahlergebnisses und der Zuteilung der Mandate sein.
VI. Ministeranklageverfahren
1. Entstehung und Ausgestaltung
Die Verfassung setzt in Art. 104 Abs. 1 den Staatsgerichtshof als Diszip-
linargerichtshof für die Mitglieder der Regierung ein und ermächtigt in
Art. 62 Bst. g den Landtag, gegen sie beim Staatsgerichtshof Anklage
wegen Verletzung der Verfassung oder sonstiger Gesetze zu erheben.??7
Das Staatsgerichtshofgesetz trifft die nähere Regelung,?® die den ein-
schlägigen Bestimmungen des österreichischen Verfassungsgerichtshof-
gesetzes nachgebildet ist.?? Sie werden in der Lehre unter dem Begriff
der Staatsgerichtsbarkeit behandelt.?
Nach diesen verfassungsrechtlichen Vorgaben richteten sich nach
der alten Rechtslage die gesetzlichen Ausführungsregelungen, die einer-
seits in einem Disziplinar- und andererseits in einem Ministeranklage-
verfahren vor dem Staatsgerichtshof bestanden. Das Disziplinarverfah-
ren gegen die Regierung als Kollegialbehörde und gegen einzelne Mit-
326 Siehe Art. 66 VRG und dazu auch Tobias Michael Wille, Verfassungsprozessrecht,
S. 788.
327 Die Anfänge der Ministeranklage gehen auf die Konstitutionelle Verfassung von
1862 zurück, die in $ 40 Bst. d und 42 ein «Recht des Antrages auf Anklage wegen
Verfassungs- und Gesetzesverletzungen der verantwortlichen Staatsdiener» bzw.
eine Beschwerde vorsah, die der Landtag «unmittelbar» an den Landesfürsten zu
richten hatte. Dem Landtag wurde lediglich «die erfolgte Abstellung der Beschwer-
den oder das Ergebnis der Untersuchung» eröffnet. Siehe Näheres vorne S. 530 f.
328 Siehe Art. 28 bis 34 SSGHG.
329 Siehe $$ 72 bis 81 VfGG; siehe auch Tobias Michael Wille, Verfassungsprozessrecht,
S. 222.
330 Siehe Robert Walter/Heinz Mayer/ Gabriele Kucsko-Stadlmayer, Bundesverfas-
sungsrecht, S. 550 Rz. 1190 ff.
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