Volltext: Die liechtensteinische Staatsordnung

Entstehung und verfassungsrechtlicher Status 
nenteilung bzw. funktionell-rechtliche Erwägungen». Wo die Grenz- 
linie der gesetzgeberischen Gestaltungsfreiheit bzw. des «rechtspoliti- 
schen Gestaltungsspielraums»* verläuft, legt letztlich der Staatsgerichts- 
hof fest. Sie hängt vom materiellen Prüfungsmassstab ab, den der jewei- 
lige verfassungsrechtliche Sachbereich bestimmt. 
Der Staatsgerichtshof ist nicht «Herr des Verfahrens» und kann für 
sich auch nicht eine «Verfahrensautonomie» beanspruchen.” «Herr des 
Verfahrens» kann nur der Gesetzgeber sein, der die Verfahrensregeln 
festlegt, nicht das Gericht, das diese Regeln anwenden soll.5s Wolfram 
Höfling® macht in diesem Zusammenhang auf die «kompetentielle Ein- 
bindung» des Staatsgerichtshofes aufmerksam. Bei der Geschäftsord- 
nung“ kann es sich lediglich um Vorschriften für die innere Organisa- 
tion und Verwaltung sowie für den internen Geschäftsgang des Staatsge- 
richtshofes handeln. Der Staatsgerichtshof besitzt keine autonome 
Regelungsbefugnis zur normativen Verfahrensgestaltung, sodass die 
Geschäftsordnung weder fehlendes Verfahrensrecht ersetzen noch den 
äusseren Verfahrensgang und die Rechte der Verfahrensbeteiligten oder 
Dritter regeln kann.*! 
Aus der Tatsache, dass der Staatsgerichtshof nicht von sich aus ini- 
tiativ werden, sondern nur nachträglich kontrollieren kann, folgt nicht 
notwendigerweise, dass er nur reagieren und nicht auch gestaltend auf 
die Rechtsordnung Einfluss nehmen kann. Dies ist insbesondere dann 
der Fall, wenn seine Entscheidungen nach Art. 54 SEGHG allgemein 
verbindliche Wirkung entfalten. Auch durch eine kontinuierliche Recht- 
  
55 Reinhold Zippelius/Thomas Würtenberger, Deutsches Staatsrecht, S. 521 Rz. 42. 
56 In dieser Formulierung beispielsweise in SEGH 2008/26 und 27, Entscheidung vom 
30. März 2009, Erw. 4 (im Internet abrufbar unter: <www.gerichtsentscheide.li>). 
57 Vgl. Tobias Michael Wille, Verfassungsprozessrecht, S. 58 f. 
58 So Christoph Möllers, Legitimation des Bundesverfassungsgerichts, S. 292. 
59 Wolfram Höfling, Die Verfassungsbeschwerde zum Staatsgerichtshof, S. 35. Kri- 
tisch aus deutscher Sicht auch Werner Heun, Verfassungsordnung, S. 195, der fest- 
hält, dass die Aussage des Bundesverfassungsgerichts, wonach es sich als «Herr des 
Verfahrens» versteht, «ausserordentlich zweifelhaft und problematisch» sei, da 
Art. 92 GG das Bundesverfassungsgericht als «ein Element der Gerichtsbarkeit 
(qualifiziert), das Rechtsprechungsfunktionen ausübt. Vielmehr als das Gericht ist 
es stattdessen die Verfassung, die über den Verfassungsorganen steht.» 
60 Der Staatsgerichtshof hat sich bis heute noch keine Geschäftsordnung gegeben. 
61 Vgl. Tobias Michael Wille, Verfassungsprozessrecht, S. 37 ff. unter Bezugnahme auf 
Herbert Wille, Normenkontrolle, 5. 118 f. 
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