Organisation der Regierung
II. Kollegialprinzip bzw. Kollegialsystem
1. Regierung als Kollektivorgan
Die Regierung ist ein Kollektivorgan, das als «geschlossenes und ein-
heitlich gefügtes Gesamtorgan» die ihr zugeordneten Zuständigkeiten
wahrnimmt.” Es sind ihr und nicht einem einzelnen Regierungsmitglied
«alle wichtigen Kompetenzen» zugewiesen.” Sie berät und beschliesst
als Kollegium” bzw. als «Einheit»,” wie es dem Kollegialprinzip als
«beherrschende(m) Grundsatz» entspricht.!® Daraus folgt der Vorrang
der Kollegialgeschäfte vor den anderen Agenden der Regierungsmitglie-
der.!% Diese sind in erster Linie Mitglieder des Kollegiums und erst in
zweiter Linie Regierungsmitglieder, die sich in ihrer Funktion als Leiter
eines Ministeriums dessen Aufgaben widmen.!® Sie haben auch die
96 Formulierung nach Kurt Eichenberger, Verfassung des Kantons Aargau, S. 315
Rz. 1. Das Kollegialprinzip fasst die Regierung zu einem «einheitlichen Regierungs-
körper» zusammen. So Martin Breitenstein, Reform der Kollegialregierung, S. 24.
97 Zu den Funktionen und Aufgaben der Regierung siehe Art. 6 bis 12 RVOG und
hinten S. 582 ff; vgl. auch Martin Breitenstein, Reform der Kollegialregierung, S. 24.
Er betont, dass sich das Kollegium mit Wichtigem und Grundlegendem befassen
soll, «um nicht in der Aufgabenflut unterzugehen». Das Kollegialprinzip gemäss
Art. 78 Abs. 1 und 90 Abs. 1 IV, wonach die Kollegialregierung grundsätzlich die
gesamte Landesverwaltung «besorgt» bzw. ihr alle wichtigeren Angelegenheiten,
insbesondere die Erledigung der Verwaltungsstreitsachen, zur Behandlung und
Beschlussfassung zugeteilt sind, steht in einem gewissen Spannungsverhältnis zu
den Kompetenzdelegationen, wie sie in Art. 78 Abs. 2 und 83, 90 Abs. 1 und 91 LV
vorgesehen sind.
98 Bernhard Ehrenzeller, in: Kommentar zu Art. 177 BV, S. 2612 Rz. 3 qualifiziert den
verfassungsrechtlichen Kern des Kollegialprinzips, wie er sich aus Art. 177 Abs. 1 BV
ergibt, wonach der Bundesrat als Kollegium entscheidet, als eine «Beratungs- und
Entscheidungsregel».
99 Martin Breitenstein, Reform der Kollegialregierung, S. 37.
100 BuA Nr. 85/2012 der Regierung vom 28. August 2012, S. 10 unter Bezugnahme auf
Art. 78 Abs. 1 und 90 Abs. 1 LV. Aus der Stellung der Regierung als Kollegialorgan
ergibt sich, dass innerhalb der Regierung «ein Prozess politischer Willensbildung>»
stattfindet, der gemäss Art. 81 LV mit einer Entscheidung abgeschlossen wird. So
Dietmar Willoweit, Verfassungsinterpretation im Kleinstaat, S. 204 f.
101 Siehe Art. 14 RVOG; vgl. auch Martin Breitenstein, Reform der Kollegialregierung,
S. 24.
102 Zu den Aufgaben siehe Art. 22 RVOG.
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