Volltext: Die liechtensteinische Staatsordnung

Verantwortlichkeit gegenüber Landesfürst und Landtag 
ren Gründe vorliegen. Es kann irgendein Grund sein, der das Vertrauen 
zerstört.® Die Geltendmachung politischer Verantwortung unterschei- 
det sich damit prinzipiell von der Ministeranklage, die an «strikt gefasste 
Formalvoraussetzungen» gebunden ist.® 
2. Adressat 
Die politische Verantwortlichkeit, wie sie in Art. 80 LV geregelt ist, be- 
zieht sich nicht nur auf das einzelne Regierungsmitglied,** sondern auch 
auf die (Gesamt-)Regierung. Art. 78 Abs. 1 LV ist jedenfalls zu entneh- 
men, dass es eine Gesamtverantwortung der Regierung für ihre (kolle- 
gialen) Entscheidungen geben muss.® Diese Annahme lässt sich auch mit 
dem Kollegialprinzip begründen, das die Ressortselbständigkeit des ein- 
zelnen Regierungsmitgliedes zurückdrängt. Es unterliegen nämlich alle 
wichtigeren, der Regierung zur Behandlung zugewiesenen Angelegen- 
heiten der Beratung und Beschlussfassung der Kollegialregierung.® Je 
nachdem, wer Adressat der politischen Verantwortlichkeit ist, ist die 
  
62 Siehe beispielsweise für Österreich Art. 74 Abs. 1 B-VG. Danach kann der Natio- 
nalrat der Bundesregierung oder einzelnen Mitgliedern «ohne besondere Gründe» 
das Vertrauen versagen. Vgl. Robert Walter / Heinz Mayer / Gabriele Kucsko-Stadl- 
mayer, Bundesverfassungsrecht, S. 325 Rz. 662. 
63 Johannes Masing, Politische Verantwortlichkeit und rechtliche Verantwortlichkeit, 
S. 37. 
64 So noch der Wortlaut in Art. 80 LV i. d. F. LGBl. 1965 Nr. 22; vgl. für Deutschland 
Art. 655. 1 und 2 GG, der den «individuellen Grundcharakter» betont, wie er dem 
kontinental-europäischen Ursprung der Ministerverantwortlichkeit entspricht. Vgl. 
Meinhard Schröder, Bildung, Bestand und parlamentarische Verantwortung, S. 1153 
Rz. 53 unter Bezugnahme auf Klaus Kröger, Die Ministerverantwortlichkeit, 5. 2 ff. 
und 17 ff. Auch wenn in Art. 80 LV i. d. F. LGBl. 1965 Nr. 22 nur von einem Mit- 
glied der Regierung die Rede war, ist aufgrund von Art. 78 Abs. 1 LV anzunehmen, 
dass auch die Gesamtregierung in der Verantwortung stand. Im Schrifttum wurde 
jedenfalls die Regierung miteinbezogen. Vgl. nur Gerard Batliner, Einführung in das 
liechtensteinische Verfassungsrecht, S. 79 f.; Walter Kieber, Regierung, Regierung- 
schef, Landesverwaltung, S. 296 ff.; Herbert Wille, Der parlamentarische Charakter 
der Regierung, S. 11 ff. Siehe auch vorne S. 208 ff. 
65 Die Regierung als Kollegium der Regierungsmitglieder im Sinne von Art. 78 Abs. 1 
LV trägt die Gesamtverantwortung für die Besorgung der gesamten Landesverwal- 
tung. Vgl. auch Christine Weber, Gegenzeichnungsrecht, S. 192. 
66 Siehe Art. 90 LV und dazu hinten S. 560. 
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