Volltext: Die liechtensteinische Staatsordnung

Grundlegung 
Stimmbürger zu wenden.»”3 Damit ist auch gesagt, dass das Abstim- 
mungsverfahren seinem Einflussbereich nicht entzogen ist. 
Das Sanktionsrecht stellt, wenn es der Landesfürst im Vorfeld der 
Abstimmung als Voraus-Veto einsetzt, indem er erklärt, dass er die Sank- 
tion verweigert, wenn die Gesetzesvorlage ın der Volksabstimmung 
angenommen wird, einen unzulässigen und verfassungswidrigen Ein- 
griff in die Abstimmungsfreiheit der Stimmberechtigten dar,/* da eine 
solche Stellungnahme einen entscheidenden Einfluss’ auf das Abstim- 
mungsergebnis ausübt,’® das seinerseits nicht den freien Willen der 
Stimmberechtigten zuverlässig und unverfälscht zum Ausdruck bringt.” 
Aus diesem Grund hat sich der Landesfürst mit der gebotenen Zurück- 
haltung an die Stimmberechtigten zu wenden, «was den Inhalt, Zeit- 
punkt und Stil seiner Stellungnahme betrifft», wie dies seiner herausra- 
genden verfassungsrechtlichen Stellung entspricht. 
Die Stimmberechtigten können zwar eine solche Intervention des 
Landesfürsten bei Initiativ- und Referendumsbegehren ab der Anord- 
73 StGH 1993/8, Urteil vom 23. Juni 1993, LES 3/1993, S. 91 (97 Erw. 2.1). 
74 So hat es beispielsweise der Staatsgerichtshof in STGH 1993/8, Urteil vom 23. Juni 
1993, LES 3/1993, S. 91 (97 Erw. 2.1) schon «als unzulässige(n) Eingriff in die 
Abstimmungsfreiheit des Stimmbürgers (angesehen), dass wenige Tage vor Öffnung 
der Urnen der Landesfürst, der als Staatsoberhaupt für die Wahrung grundlegender 
Werte, die Darstellung grosser Zusammenhänge und die Angabe langfristiger Ent- 
wicklungsziele verantwortlich ist, in Überschreitung seines verfassungsmässigen 
Mandates unmittelbar, konkret und gleichsam als Partei in die Auseinandersetzun- 
gen eingegriffen hatte». 
75 Die Vorwirkung des Voraus-Vetos betrifft die Initiierung wie auch die Volksabstim- 
mung, m. a. W. den ganzen Entscheidungsprozess. 
76 Siehe als Beispiel die Volksabstimmung vom 18. September 2011 über das Initiativ- 
begehren zur Abänderung des Strafgesetzbuches («Hilfe statt Strafe»); im Internet 
abrufbar unter: <www.abstimmung.li> und dazu die repräsentative Umfrage des 
Liechtenstein-Instituts in: LVaterland und LVolksblatt vom 13. Oktober 2011. Der 
Spruchpraxis des Staatsgerichtshofes (StGH 1990/6, Urteil vom 2. Mai 1991, LES 
4/1991, S. 133) ist zu entnehmen, dass «bei Verletzung der politischen Rechte das 
Abstimmungsergebnis nur dann aufgehoben werden (kann), wenn dieser Tatbe- 
stand auf das Ergebnis einen erheblichen Einfluss gehabt hat oder hätte haben kön- 
nen; dabei ist nebst der Stimmendifferenz auf die Schwere der Verletzung von 
Objektivitätspflichten sowie die konkreten Umstände des Einzelfalles abzustellen 
und das Verhältnismässigkeitsprinzip zu beachten». 
77 StGH 2011/23, Urteil vom 18. Mai 2011, S. 13 f. (Erw. 7) mit weiteren Rechtspre- 
chungshinweisen (im Internet abrufbar unter: <www.gerichtsentscheide.li>). 
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