1. Abschnitt
Grundlegung
$14 ALLGEMEINES
I. Verfassungsrechtliche Stellung des Volkes
Das Volk leitet seine Stellung unmittelbar aus der Verfassung ab. Fürst
und Volk sind sogenannte primäre Staatsorgane. Als Mitinhaber der
Staatsgewalt, die es mit dem Landesfürsten teilt, nimmt das Volk im
Sinne der stimmberechtigten Landesangehörigen bzw. als Aktivbürger-
schaft an der Staatswillensbildung teil. Da es im Gegensatz zur Konsti-
tutionellen Verfassung von 1862 in Art. 2 LV «zu einem Mitträger und
Mitinhaber der Staatsgewalt (Souveränität) geworden (ist)», kommt ihm,
wie Wilhelm Beck in seinem Referat vom 8. August 1922 zum Gesetz
betreffend die Ausübung der politischen Volksrechte in Landesangele-
genheiten! festhält, «eine ganz andere Bedeutung in seinem tätigen Ein-
fluss auf das gesamte Staatsleben» zu. Davon zeugen die weitverzweig-
ten direktdemokratischen Mitwirkungsmöglichkeiten, die den stimmbe-
rechtigten Landesangehörigen in Form von Abstimmungen, die über
Initiativen und Referenden lanciert werden, und Wahlen, die sowohl den
Landtag als auch die Gerichte umfassen können, zur Verfügung stehen.?
1 Vgl. LLA, Landtagsakten 1922/L 4; siehe vorne S. 179 Fn. 108.
2 Vgl. Art. 64, 66 und 66bis und 96 Abs. 2 LV. Sie werden in Art. 29 Abs. 2 LV unter
dem Begriff der «politischen Rechte» zusammengefasst.
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