Volltext: Die liechtensteinische Staatsordnung

Mitzuständigkeiten — Mitwirkungsbefugnisse des Landesfürsten 
rungschef kommt. Mit Blick auf Art. 85 LV ist allerdings davon aus- 
zugehen, dass der Regierungschef nicht nur dem Landesfürsten, sondern 
auch dem Landtag bzw. dem Stimmvolk als (Mit-)Gesetzgeber gegen- 
über die Verantwortung zu übernehmen hat, indem er, wie es dort heisst, 
die «Gesetze» gegenzeichnet, d. h. deren verfassungsmässiges Zustande- 
kommen bescheinigt. 
III. Verfassung als Schranke 
1.  Sanktionsverweigerung bzw. -unterlassung 
Der Landesfürst ist bei allen seinen staatlichen Akten, zu denen auch das 
Sanktionsrecht als Teil des Gesetzgebungsverfahrens zählt, an die Ver- 
fassung gebunden. Aus diesem Grund kann das Sanktionsrecht nicht 
mehr als eine «echte Prärogative des Fürsten» bezeichnet werden.?* Die 
konstitutionelle Lehre verstand nämlich unter einem Prärogativrecht, 
das noch aus der Zeit der absoluten Monarchie stammt, ein Recht, das 
vom Fürsten im Wesentlichen frei, ohne Bindung an die Verfassung und 
ohne Mitwirkung anderer Staatsorgane ausgeübt werden konnte. 
Die geänderte Verfassungslage, d. h. die rechts- und verfassungs- 
staatliche Monarchie, gebietet ein anderes Verständnis. Danach kann der 
Landesfürst das Sanktionsrecht nicht «nach Belieben» ausüben. Sanktio- 
niert er einen Gesetzesbeschluss des Landtages bzw. des Volkes nicht, 
muss er sich auf sachliche Gründe, wie z. B. verfassungsrechtliche 
Bedenken, stützen können.?? Unter Berücksichtigung des Gesetzge- 
346 Jochen Abr. Frowein, Rechtsgutachten zu den Verfassungsvorschlägen des Fürsten- 
hauses, S. 13 ff. (15), der dabei auf die Staatspraxis aufmerksam macht, wonach der 
Fürst die Sanktion ohne Gegenzeichnung verweigert. Er bezeichnet dies als «in- 
konsequente Beschränkung des Gegenzeichnungsrechts». Zur Staatspraxis siehe 
Gerard Batliner, Einführung in das liechtensteinische Verfassungsrecht, S. 91 f. 
347 Vgl. Hilmar Hoch, Verfassung- und Gesetzgebung, S. 223 f., der eine «echte Präro- 
gative» annimmt. 
348 Vgl. Christine Weber, Gegenzeichnungsrecht, S. 243 unter Bezugnahme auf Edwin 
Loebenstein, Die Stellvertretung des Landesfürsten, S. 112. 
349 Vgl. auch Bernhard Ehrenzeller / Rafael Brägger, Politische Rechte, S. 666 Rz. 61, 
die eine krasse Verletzung verfahrensrechtlicher oder materieller rechtsstaatlicher 
Grundsätze ins Auge fassen. Zur Begründungspflicht verweisen sie auf Gerard Bat- 
liner, Die Sanktion der Gesetze, S. 134. 
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