Volltext: Die liechtensteinische Staatsordnung

Richterbestellung 
hin eine ausschliessliche Angelegenheit des Landtages. Begründet wird 
die Reform damit, dass das Bestellungsverfahren für alle Richter verein- 
heitlicht und mit Blick auf die Unabhängigkeit der Gerichtsbarkeit «an 
Kriterien der Objektivierung» gebunden werden soll.257 
Eine Ablehnung des vom Gremium vorgeschlagenen Kandidaten? 
durch den Landtag bewirkt nicht, dass das Wahlprozedere beendet ist. 
Der Landtag kann nicht definitiv ablehnen. Lehnt er ab und kommt 
innerhalb von vier Wochen keine Einigung über einen neuen Kandida- 
ten zustande, hat er einen Gegenkandidaten vorzuschlagen und eine 
Volksabstimmung anzuberaumen, sodass eine Volksabstimmung ent- 
scheidet, wobei die wahlberechtigten Landesbürger bzw. Stimmberech- 
tigten im Wege der Initiative selber einen Kandidaten nominieren kön- 
nen. Jener Kandidat, der die absolute Mehrheit der Stimmen erhält, wird 
vom Landesfürsten zum Richter ernannt.?®® 
Diesem Bestellungsmodus liegt die Idee zugrunde, dass Landes- 
fürst und Landtag «gleichrangig den Vorschlag über die Bestellung eines 
Richters annehmen oder ablehnen» können und im Konflikt- bzw. 
  
287 Vgl. Günther Winkler, Verfassungsreform, S. 223; vgl. auch BuA Nr. 87/2001 der 
Regierung vom 20. November 2001, 5. 27 ff. Das Ziel, die Unabhängigkeit der Ge- 
richtsbarkeit zu stärken, dürfte mit diesen organisatorischen Reformmassnahmen 
wohl nicht erreicht worden sein. Die Verfassungskommission des Landtages spricht 
in ihrem Bericht vom 20. November 2000 (Bericht der Landtagskommission zur Er- 
arbeitung von Vorschlägen über eine Revision der Verfassung des Fürstentums 
Liechtenstein vom 5. Oktober 1921), 5. 13 f. davon, «dass in der Praxis nur noch die 
vom Fürsten vorgeschlagenen Kandidaten zu Richtern ernannt werden und der Ein- 
fluss des demokratischen Elements und damit nicht zuletzt des Volkes auf die Zu- 
sammensetzung unserer Gerichte weitgehend wegfallen würde. Auch von einer 
Stärkung der Unabhängigkeit der Richter könnte in Wahrheit wohl kaum die Rede 
sein, da die Abhängigkeit von den Auffassungen und Meinungen einer Einzelperson 
(vor allem bei der hier in vielen Fällen vorgesehenen Wiederwahl alle 4 oder 5 Jahre) 
wesentlich abhängiger machen kann, als die Wahl durch ein heterogen aus Vertre- 
tern aller politischer Richtungen zusammengesetztes Parlament.» Zur Problematik 
der Richterwahl bzw. -bestellung beispielsweise in Hinsicht auf Amtsdauer, Wie- 
derwählbarkeit, qualifizierte Landtagsmehrheit siehe auch Gerard Batliner, Diskus- 
sionsbeitrag, S. 42 f. Rz. 73. 
288 Das Gremium kann dem Landtag, wie sich dies aus Art. 9 Abs. 1 LV ergibt, nur 
einen Kandidaten empfehlen, dem auch der Landesfürst zugestimmt hat. So gesehen 
nimmt er in diesem Richterbestellungsverfahren gegenüber dem Landtag eine Vor- 
rangstellung ein. 
289 Siehe Art. 96 Abs. 2 LV 2003. 
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