Volltext: Die liechtensteinische Staatsordnung

Begnadigung und Niederschlagung von Strafverfahren 
freiheit würde es «angesichts der denkbaren Motivationen an greifbaren 
Massstäben fehlen».!? Diese These von der Rechtsfreiheit des Gnaden- 
aktes geht auf das überkommene Verständnis der Gnade zurück. Als 
«ausserrechtliches Phänomen» kann sie nicht «selbst wieder dem Recht 
unterworfen sein»!® oder, wie das deutsche Bundesverfassungsgericht 
formuliert,!* «nicht an bestimmte normative Voraussetzungen» gebun- 
den sein. 
3. Verfahren 
Der Verfahrensweg eines Gnadengesuchs richtet sich nach $ 256 
StPO.!® Im Regelfall wird ein Gnadengesuch beim Landgericht einge- 
reicht und von diesem an das Obergericht weitergeleitet. Dieses kann, 
wenn das Gnadengesuch unbegründet ist, es «sogleich» zurückweisen.!® 
Kommt es zu Meinungsverschiedenheiten über die Begründetheit zwi- 
schen diesen beiden Gerichten oder bei Verfahrensverletzungen kann 
sich der Gesuchsteller an den Obersten Gerichtshof wenden, der ein 
Beschwerderecht ausdrücklich bejaht hat.!” Insoweit sichert ihm Art. 43 
Missbrauch des Gnadenrechtes im Sinne einer verfassungswidrigen Anwendung 
nach der «gegenwärtigen Rechtslage» aus. Günther Winkler, Begnadigung und Ge- 
genzeichnung, S. 84 meint, «dass die Ausübung des Gnadenrechtes an und für sich 
nicht zu einer Einschränkung von Grundrechten führen kann. Sie kann sogar die 
Aufhebung einer gerichtlich verfügten Beschränkung von Grundrechten zur Folge 
haben.» 
192 BVerfGE 25, 352 (362 f.). Auch das deutsche Bundesverwaltungsgericht ist in seinem 
Urteil vom 27. Mai 1983 der Ansicht, dass es für eine sinnvolle gerichtliche Nach- 
prüfung an inhaltlichen Massstäben fehlt, da dem geltenden Recht weder Vorausset- 
zungen zu entnehmen seien, unter denen der Gnadenträger begnadigen müsse, noch 
Zwecke und Gesichtspunkte, an denen er seine Entscheidung zu orientieren habe. 
Hier wiedergegeben nach Christian Mickisch, Gnade im Rechtsstaat, S. 163. 
193 Hermann Huba, Gnade im Rechtsstaat, S. 118. 
194 BVerfGE 25, 352 (361). 
195 Vgl. Beschluss des F.L. OGH vom 30. Mai 1983, Vr 30/777-182, LES 1984, S. 96 
(97 ff.) und Karl Kohlegger, Das Gnadenrecht des Landesfürsten, S. 139 ff., wobei 
darauf hinzuweisen ist, dass in der Zwischenzeit die Strafprozessordnung neu 
gefasst und $ 236 durch $ 256 ersetzt worden ist. Siehe schon vorne S. 342 Fn. 171. 
196 Vgl. $ 256 Abs. 1 StPO. Zur verfahrensrechtlichen Regelung siehe Günther Wink- 
ler, Begnadigung und Gegenzeichnung, 5. 15 ff. 
197 Vgl. Karl Kohlegger, Das Gnadenrecht des Landesfürsten, S. 141. 
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