Volltext: Die liechtensteinische Staatsordnung

Notstandsverordnungs- bzw. Notverordnungsrecht 
halb des Art. 10 Abs. 1 LV klar von der anderen, vorangehenden Vor- 
schrift abhebt, die dem Landesfürsten ein Verordnungsrecht einräumt, 
das er unter Bezugnahme auf Art. 92 LV im Wege der Regierung ausübt. 
Aus dieser Zusammenschau von Wortlaut, Geschichte und Systematik 
ergibt sich, dass das Notstandsverordnungsrecht dem Landesfürsten 
zuzusprechen ist.” 
II. Inhalt und Umfang 
Art. 10 LV gestaltet sowohl in der Urfassung von 1921 als auch in der 
revidierten Fassung von 2003 das Notverordnungsrecht offen im Tatbe- 
stand («in dringenden Fällen»), in den Zielen («zur Sicherheit und Wohl- 
fahrt») und in den Mitteln («das Nötige»).% Das Notstandsrecht wird 
nicht näher geregelt. 
Ein Notstand liegt vor, wenn der Bestand des Staates oder andere 
elementare öffentliche Interessen bedroht sind und die ordentliche 
Rechtsordnung nicht in der Lage ist, rechtzeitig und angemessen zu rea- 
gieren.$! Solche Notlagen können Fälle von Katastrophen, wie Erdbe- 
ben, Überschwemmungen, Epidemien und von wirtschaftlichen oder 
politischen Krisen grössten Ausmasses darstellen.® 
  
79 Zu dieser Verfassungsauslegung siehe Christian Hillgruber, Verfassungsinterpreta- 
tion, S. 522 ff. Rz. 37 ff.; vgl. für Liechtenstein Tobias Michael Wille, Verfassungs- 
und Grundrechtsauslegung, S. 161 ff. (173 f.). 
80 Gerard Batliner / Andreas Kley/ Herbert Wille, Memorandum, 5. 7. Vgl. auch Ernst 
Pappermann, Die Regierung des Fürstentums Liechtenstein, S. 132. 
81 So die Begriffsumschreibung bei Andreas Schurti, Das Verordnungsrecht der Regie- 
rung, S. 244 mit weiteren Literaturhinweisen; ähnlich auch Walter Haller / Alfred 
Kölz/Thomas Gächter, Allgemeines Staatsrecht, S. 127 Rz. 422. Danach liegt ein 
Staatsnotstand vor, «wenn die Existenz des Staates oder die staatliche Aufgabener- 
füllung durch schwerwiegende Gefahren bedroht wird, deren Abwehr mit dem 
ordentlichen Instrumentarium des Rechts nicht möglich ist». Nach Günther Wink- 
ler, Verfassungsreform, S. 203 kommen Notverordnungen nur dann infrage, «wenn 
die Formen normalen staatsrechtlichen Handelns versagen, etwa weil der Anlass ein 
nicht vorhersehbarer, ungewöhnlicher Ausnahmezustand von einer anhaltenden 
unmittelbaren Wirkung ist, ferner weil der Landtag handlungsunfähig geworden ist 
oder nicht zusammentreten kann und dennoch rasches Handeln geboten erscheint.» 
82 Vesl. die Aufzählung von Notsituationen bei Ernst Pappermann, Die Regierung des 
Fürstentums Liechtenstein, S. 132. 
323
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.