Volltext: Die liechtensteinische Staatsordnung

Notstandsverordnungs- bzw. Notverordnungsrecht 
Übrigen ist es zusammen mit einigen Beschränkungen, die aber auf die 
umfangreichen Notstandsbefugnisse des Fürsten keinen grossen Ein- 
fluss haben, beibehalten worden.® Es wird zwar klargestellt, dass die 
Verfassung nicht als Ganzes im Wege des Notverordnungsrechts ausser 
Kraft gesetzt oder eine neue Verfassung eingeführt werden kann.“ Es 
können jedoch Bestimmungen oder Teile der Verfassung vorübergehend 
suspendiert werden. Davon können Institutionen wie der Landtag, die 
Regierung, die Gerichte, die Verfassungsgerichtsbarkeit sowie Grund- 
rechte betroffen sein, so beispielsweise die Meinungs- und Pressefreiheit, 
die Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit.”” Ausgenommen sind not- 
standsfeste Grundrechte. Als notstandsfest gelten nur das Recht eines 
jeden Menschen auf Leben, das Verbot der Folter und der unmenschli- 
chen Behandlung, das Verbot der Sklaverei und der Zwangsarbeit sowie 
die Regel «Keine Strafe ohne Gesetz», wie sie auch in Art. 15 EMRK 
garantiert sind./! Überdies können Notverordnungen Art. 3, 10, 13 und 
113 der Verfassung sowie das Hausgesetz nicht einschränken.”? Soweit 
sich die Restriktionen im neuen Art. 10 Abs. 2 LV auf notstandsfeste 
Grundrechte beziehen, fallen sie nicht ins Gewicht, da diese bereits bis- 
her durch die EMRK gewährleistet sind.” 
68 Vgl. auch Art. 8 Abs. 2 des Verfassungsentwurfs von Fürst Hans-Adam II. von Liech- 
tenstein, abgedruckt, in: ders., Der Staat im dritten Jahrtausend, S. 204 (Anhang), der 
den gleichen Wortlaut hat wie Art. 10 Abs. 1 letzter Satz und Abs. 2 LV 2003. 
69 Zu der bisher vertretenen gegenteiligen Meinung siehe Ernst Pappermann, Die 
Regierung des Fürstentums Liechtenstein, S. 133 mit Literaturhinweisen. 
70 Kritik gegen die weitreichende Notrechtskompetenz des Landesfürsten haben 
schon Otto Ludwig Marxer, Die Organisation der obersten Staatsorgane, S. 16 und 
Pierre Raton, Liechtenstein, S. 129 vorgebracht. Siehe dazu Ernst Pappermann, Die 
Regierung des Fürstentums Liechtenstein, S. 135 f.; vgl. auch Christine Weber, 
Gegenzeichnungsrecht, S. 164 ff. 
71 Vgl. Gerard Batliner, Die liechtensteinische Rechtsordnung, S. 143 f. 
72 Völ. Art. 10 Abs. 2, eingeführt durch LGBl. 2003 Nr. 186. Zu früheren Änderungs- 
vorschlägen siehe Ernst Pappermann, Die Regierung des Fürstentums Liechtenstein, 
S. 140 f.; Gerard Batliner, Parlament, S. 34 f.; ders., Diskussionsbeitrag, S. 70 Rz. 121; 
Thomas Allgäuer, Die parlamentarische Kontrolle über die Regierung, S. 64. 
73 Art. 15 EMRK geht davon aus, dass im «Falle eines Krieges oder eines anderen öf- 
fentlichen Notstandes, der das Leben der Nation bedroht» und «in dem (sachlichen 
und zeitlichen) Umfang, den die Lage unbedingt erfordert», gewisse (aber nicht alle) 
Grundrechte der Konvention teilweise ausser Kraft gesetzt werden dürfen. So Ger- 
ard Batliner, Parlament, S. 35; vgl. auch Günther Winkler, Verfassungsreform, S. 206. 
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