Volltext: Die liechtensteinische Staatsordnung

Staatsrecht und Hausrecht 
b) Staatsgewalt als höchste Gewalt 
Die souveräne Staatsgewalt, die sich Fürst und Volk teilen, ist nach innen 
die rechtlich höchste Gewalt. «Aus der Einzigkeit der Staatsgewalt als 
Souveränitätskennzeichen wird das Kriterium der Einheitlichkeit der 
Staatsgewalt abgeleitet, das zugleich Unteilbarkeit und Unveräusserlich- 
keit der Staatsgewalt bedeutet. Da die Souveränität als rechtliche Kate- 
gorie begriffen wird, bedeutet Einheitlichkeit der Staatsgewalt auch eine 
Einheit der Rechtsordnung, die Ergebnis der einzigen und einheitlichen 
Rechtsetzungsbefugnis als Souveränitäts-Kernkompetenz ist, und die 
Unmöglichkeit weiterer hoheitlicher, der Staatsgewalt gegenüber eigen- 
ständiger Regelungsbefugnisse».!?® Aus der «rechtlichen Einheit der 
Staatsgewalt» folgt, «dass es im Staatsgebiet keine hoheitlichen Rege- 
Ilungsbefugnisse gibt, die der Staatsgewalt gegenüber eigenständig 
waren». 129 
Es gibt ausserhalb der staatlichen Rechtsordnung keine eigenstän- 
digen hoheitlichen Regelungsbefugnisse, auf die sich das Fürstenhaus 
berufen könnte.!® Die Verfassung anerkennt kein vorfindliches, trans- 
zendental oder originär zur Machtausübung legitimiertes Herrschafts- 
subjekt.!?! Wer das Recht beansprucht, aus sich heraus Recht zu setzen, 
geht davon aus, dass es ein Recht gibt, das ihm dieses Recht verleiht.!?? 
Als Begründung seiner Rechtsetzungsautonomie kann dem Fürstenhaus 
weder die Tradition noch göttliches Recht dienen.!® Das Hausgesetz ist 
  
128 Utz Schliesky, Souveränität und Legitimität, S. 146. 
129 Reinhold Zippelius, Allgemeine Staatslehre, S. 63. Die moderne Staats- und Rechts- 
theorie geht von der Vorstellung aus, dass Staat und Staatsgewalt eine Einheit bilden, 
wobei diese Einheit auch als notwendige Voraussetzung für die Rechtseinheit ange- 
sehen wird. Vgl. etwa Josef Isensee, Staat und Verfassung, S. 60 f. Rdnr. 105 f.; Hen- 
ning Uhlenbrock, Der Staat als juristische Person, S. 167; Ernst-Wolfgang Böcken- 
förde, Begriff und Probleme des Verfassungsstaates, S. 136. 
130 Vgl. Reinhold Zippelius, Allgemeine Staatslehre, S. 63. 
131 So Dieter Grimm, Entstehungs- und Wirkungsbedingungen des modernen Konsti- 
tutionalismus, S. 61, der sich hier auf die Gegenwartslage der Verfassung bezieht. 
132 So Thomas Fleiner / Lidija R. Basta Fleiner, Allgemeine Staatslehre, S. 325. 
133 Solche «Begründungsversuche» werden zu Recht zurückgewiesen; so von den 
Abgeordneten Paul Vogt und Dr. Peter Wolff in der Landtagsdebatte vom 31. Okto- 
ber 1995, die sich mit dem Hausgesetz beschäftigte (Landtagsprotokolle 1995 
Bd. III, S. 1638 ff.). Dr. Peter Wolff kritisierte, dass das Fürstenhaus «mit der 
Begründung auf eine Art Gewohnheitsrecht auf ein Von-altersher-immer-so-gewe- 
sen-sein (versuche), an der Tatsache des Verfassungsstaates des 20. Jahrhunderts vor- 
beizureden>» (S. 1643). 
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