Verfassungsgeschichtliche Grundlagen
bekannten Sammlung der Österreichischen Verfassungsgesetze von
Edmund Bernatzik gestellt.2?! Es wird im Schrifttum denn auch darauf
hingewiesen, dass die konstitutionelle Monarchie in Österreich von 1848
bis 1918 stets «unter dem Schatten eines zeitweise offenen Absolutis-
mus», in späteren Zeiten unter dem Schatten des von Friedrich Tezner
sogenannten «subsidiären Absolutismus» gestanden hat.?
$2 FRAGESTELLUNGEN IM ZUSAMMENHANG
MIT DEN HAUSREGELN
I. Rechtscharakter
Die Rechts- und Staatswissenschaft sah sich mit der Frage konfrontiert,
die Rechtsnatur der überkommenen und der neu geschaffenen Haus-
und Erbfolgeregelungen zu bestimmen. Man fasste die Hausnormen als
Rechtsnormen auf. Nur der Form nach hätten sich die Fürsten des
Rechtsgeschäftes (Testament, Vertrag) bedient,? da die hausrechtlichen
Bestimmungen sowohl als Ausdruck rechtsgeschäftlichen Wirkens als
auch als Ergebnis einer vom Staat eingeräumten besonderen Rechtset-
zungsbefugnis verstanden werden konnten.?* Die Auffassung vom nor-
mativen Charakter der Hausregeln war und blieb herrschend, auch wenn
eine begriffliche Klärung der Autonomiefrage nicht gelang und eine adä-
quate Einbindung in das aktuelle System der Rechtsquellen im Sinne
einer rechtstheoretischen Begründung nicht realisiert werden konnte.
II. Autonomiefrage
Umstritten war die Frage, ob die Befugnis des hohen Adels zur Hausge-
setzgebung aus der Gesetzgebungshoheit des Familienchefs bzw. Fami-
21 Dort heisst es: «[...] ist noch gegenwärtig die Grundlage, auf welcher die wichtigs-
ten öffentlich-rechtlichen Institutionen der Monarchie ruhen». Siehe Peter Perntha-
ler, Das Staatsoberhaupt, S. 102 f.; siehe dort auch S. 103 bis 112.
22 Gerald Stourzh, Qualifizierte Mehrheitsentscheidungen, S. 47.
23 Vgl. Jürgen Weitzel, Die Hausnormen deutscher Dynastien, S. 36.
24 Vgl. Robert Martin Mizia, Der Rechtsbegriff der Autonomie, S. 217.
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