Volltext: Die liechtensteinische Staatsordnung

Parlamentarische Regierungsteilhabe 
muss.?!7 Der Landesfürst ist nicht befugt, die Regierung?!® gegen den Wil- 
len des Landtages zu entlassen. Der Landesfürst ist aber auch nicht ver- 
pflichtet, einem vom Landtag gestellten Amtsenthebungsantrag zu ent- 
sprechen. Es steht ıhm frei, über einen Amtsenthebungsantrag des Land- 
tages zu entscheiden. Solange der Fürst einem solchen Ansuchen nicht 
stattgibt, bleibt die Regierung bzw. das entsprechende Regierungsmit- 
glied im Amt. Es kann nicht zur Entlassung kommen. Das Gleiche gilt 
auch für den Fall, dass der Landtag keinen Amtsenthebungsantrag 
stellt.2!? Der Fürst kann nicht von sich aus die Regierung bzw. ein Regie- 
rungsmitglied entlassen. Dies entspricht denn auch der Staatspraxis.22° 
Das heisst, dass die Regierung ihr Amt nicht bereits dann verlieren kann, 
wenn allein der Landesfürst oder allein der Landtag ihr das Vertrauen 
entzieht. Sie kann ihr Amt vielmehr erst dann verlieren, wenn Landes- 
fürst und Landtag, die die Regierung einvernehmlich für eine Amtsdauer 
von vier Jahren bestellt haben, sie auf gleiche Weise, d. h. im gegenseitigen 
Einverständnis, abberufen.?! In dieser Verfahrensweise wird eine «Be- 
217 So die herrschende Meinung; siehe Dietmar Willoweit, Fürstenamt und Verfas- 
sungsordnung, S. 509 f.; Gerard Batliner, Einführung in das liechtensteinische Ver- 
fassungsrecht, S. 80; Christine Weber, Gegenzeichnungsrecht, S. 309 ff. (316), die 
sich ausführlich mit den unterschiedlichen Lehrmeinungen auseinandersetzt; Her- 
bert Wille, Der parlamentarische Charakter der Regierung, S. 11 ff. A. A. sind etwa 
Ernst Pappermann, Die Regierung des Fürstentums Liechtenstein, S. 120 ff. (122 f.); 
ders., Der Amtsenthebungsantrag, S. 620 Fn. 35; Hans Nawiasky, Rechtsgutachten, 
S. 5; Gregor Steger, Fürst und Landtag, S. 70; Günther Winkler, Der Europarat und 
die Verfassungsautonomie seiner Mitgliedstaaten, S. 76 f.; ders., Verfassungsrecht, 
S.35, 112 f. 
218 Das staatsrechtliche Schrifttum geht davon aus, dass nicht nur der Vertrauensverlust 
eines einzelnen Mitgliedes der Regierung, sondern auch der Gesamtregierung 
Gegenstand des Verfahrens sein kann. Vgl. Christine Weber, Gegenzeichnungsrecht, 
S. 308 mit weiteren Hinweisen. 
219 Das heisst aber nicht, dass der Landesfürst ohne entsprechenden Amtsenthebungs- 
antrag des Landtags die Regierung oder ein Regierungsmitglied abberufen kann. Er 
kann eine solche Entlassung nur im Einvernehmen mit dem Landtag vornehmen. 
Vgl. Christine Weber, Gegenzeichnungsrecht, S. 316. 
220 Vgl. die bei Herbert Wille, Der parlamentarische Charakter der Regierung, S. 10 f. 
erwähnten Beispiele; vgl. auch Arno Waschkuhn, Das Spannungsverhältnis von 
Recht und Politik, S. 251, der sich auf ein Interview von Fürst Hans-Adam II. mit 
dem LVolksblatt vom 7. November 1992 bezieht. 
221 Christine Weber, Gegenzeichnungsrecht, S. 315. Die politisch-faktische Seite einer 
solchen Regelung ist eine andere Frage. Eine Regierung, die das Vertrauen des Fürs- 
ten oder des Landtags verloren hat, wird ihre Aufgabe wohl nicht mehr erfüllen 
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