Volltext: Die liechtensteinische Staatsordnung

Demokratisierung und Parlamentarisierung der konstitutionellen Erbmonarchie 
b) Ablehnung 
Die Vorstellung einer «parlamentarischen Regierung» bzw. eines demo- 
kratisch-parlamentarischen Regierungssystems, wie sie von Wilhelm 
Beck, dem Exponenten der Christlich-sozialen Volkspartei, vertreten 
wurde, !® konnte sich jedoch in den Schlossabmachungen vom Septem- 
ber 1920 nicht durchsetzen und fand auch bei der Mehrheit des Landtags 
keine Zustimmung. Die konservativen Verfassungskräfte votierten für 
eine vorsichtige Weiterentwicklung der bisherigen Verfassungsordnung 
des monarchischen Konstitutionalismus und lehnten ein parlamentari- 
sches Regierungssystem ab.!* Es kam für sie nur insoweit eine Parla- 
mentarisierung der Regierung infrage, als mit ihr die bestehende konsti- 
tutionell-monarchische Verfassungsordnung nicht aufgegeben wurde 
und dem Landesfürsten eine entscheidende Mitsprache bei der Bestel- 
lung und Abberufung der Regierung erhalten blieb. 
II. Bestellungsmodus und Verantwortlichkeit der Regierung 
1. Bestellungsmodus der Regierung 
a) Bestellung und Zusammensetzung 
Der Verfassungsentwurf von Wilhelm Beck legt in Art. 60 fest, dass die 
Regierung aus dem Landammann als Vorsitzendem, der auf Vorschlag 
183 Gemeint ist damit nach O.N. Nr. 3 vom 18. Januar 1919 eine Demokratie «im Rah- 
men der Monarchie». Postuliert wird ein demokratischer Ausbau der Verfassung, 
«durch die alle Teile der Bevölkerung in gerechtem Verhältnis zur Gesetzgebung, 
Verwaltung und Rechtsprechung herangezogen werden.» Dies bedeutet für Wil- 
helm Beck einen Schritt hin zum «demokratischen Rechtsstaat». In seinem Verfas- 
sungsentwurf konkretisiert er die «demokratische Monarchie» in den Art. 3 (Tei- 
lung der Staatsgewalt), 26 (Stimm- und Wahlberechtigung in allen Landes- und Ge- 
meindeangelegenheiten; Teilnahme an Wahlen und Abstimmungen), Art. 35 ff. 
(Wahl zum Landtag), Art. 50 (Initiativrecht auf Gesetzesebene), Art. 59, 60 und 62 
(Regierungsbestellung und Regierungsverantwortlichkeit). 
184 Vgl. «Politisches Programm» der Fortschrittlichen Bürgerpartei unter Ziffer I, ver- 
öffentlicht im LVolksblatt vom 4. Januar 1919 Nr. 1. Es beginnt mit einem Bekennt- 
nis zur «unentwegte(n) Treue zu Fürst und Fürstenhaus» und belässt es bei der kon- 
stitutionellen Monarchie, die in der neuen Verfassung besser auszubauen sei. In 
LVolksblatt Nr. 95 vom 29. November 1919 ist die Rede von einer «besser auszu- 
bauenden konstitutionellen Monarchie». 
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