Volltext: Die liechtensteinische Staatsordnung

Gang der Entwicklung 
den Landschaften Rücksicht zu nehmen ist. Ihre Wahl bedarf der Bestä- 
tigung des Landesfürsten ($ 71). Der Verfassungsentwurf bezeichnet 
denn auch die Regierung als «seine Regierung» ($ 33). 
Dem Volk räumt der Verfassungsentwurf Rechte in Form des Refe- 
rendums und der Initiative ein, die in konservativen Kreisen auf Skepsis 
stossen.” Das Liechtensteiner Volksblatt kommentiert diese direkt- 
demokratischen Einrichtungen zurückhaltend und meint: «Es sollte also 
in die neue Verfassung das Referendum, der Volksbeschluss aufgenom- 
men werden [...]. Es ist verständlich, dass das Referendum jeweils nur 
mit Einwilligung des Landesfürsten erfolgen soll».2 
Vorgesehen sind die Volksabstimmung bzw. das Referendum gegen 
«alle Gesetze”, die nicht dringlicher Natur sind» ($ 32). Eine Volksab- 
stimmung können auch der Landesfürst, seine Regierung und der Land- 
tag «ergehen» lassen ($ 33). Das Initiativrecht bzw. das Recht des Volks- 
begehrens «umfasst das Verlangen auf Erlass oder Aufhebung eines 
Gesetzes oder auf Abänderung eines Gesetzes oder auf Abänderung ein- 
zelner Teile der Verfassung oder der ganzen Verfassung». Solche Begeh- 
ren können als einfache Anregung oder als ausgearbeiteter Entwurf 
gestellt werden, wobei sie begründet werden müssen ($ 34). 
Der Verfassungsentwurf konzediert in $ 40 dem Landtag bzw. zwei 
Dritteln seiner Mitglieder, neben dem Landesfürsten einen «ausseror- 
dentlichen Landtag» einzuberufen, wenn sie es «zur Erledigung drin- 
gender Landesangelegenheiten» für nötig halten, nachdem sich der 
«ordentliche Landtag» nur «zweimal im Jahre und zwar im Frühling und 
im Herbste» versammelt ($ 39). 
  
35 $$31 bis 35 des IV. Hauptstückes: Rechte des gesamten Volkes. Siehe Herbert Wille, 
Regierung und Parteien, S. 106 Fn. 193; siehe auch Rupert Quaderer-Vogt, Bewegte 
Zeiten, Bd. 2, S. 234 und 236. 
36 LVolksblatt Nr. 77 vom 27. September 1919, zitiert aus Herbert Wille, Regierung 
und Parteien, S. 106. Das Liechtensteiner Volksblatt meint mit diesem Hinweis die 
Sanktion des Landesfürsten. Es heisst denn auch in $ 32 des Verfassungsentwurfs im 
Zusammenhang mit dem Referendumsrecht, dass «die Sanktion des Landesfürsten, 
welche zur Giltigkeit aller Gesetze und Verordnungen vorgesehen ist, in diesen Fäl- 
len erst nach Ablauf dieser Frist (21 Tage) von der Regierung einzuholen» ist. 
37 Wenn man $ 27, der die Sanktion für die Gültigkeit eines Gesetzes voraussetzt, in 
Verbindung zu $ 32 bringt, kann es sich bei dem hier verwendeten Begriff des Geset- 
zes nur um einen Beschluss des Landtages handeln, da ja die Sanktion des Landes- 
fürsten erst nach Ablauf der Referendumsfrist von der Regierung einzuholen ist. 
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