Volltext: Die liechtensteinische Staatsordnung

Der Landtag als Volks- und «Landesvertretung» 
bestanden auf der Beibehaltung des absoluten Vetos. Nach einer bekann- 
ten Formulierung von Friedrich Dahlmann?!7 wurde es für ein «Recht 
der rettenden Tat» gehalten, als eine Art Notsicherung, die schon durch 
ihr blosses Vorhandensein das Spannungsfeld der politischen Kräfte vor 
einseitigen Übereilungen schützen würde.?!8 Der Fürst ist der alleinige 
Inhaber der Staatsgewalt. Bezeichnend ist auch, dass der Landtag nicht 
nur aus vom Volk gewählten Abgeordneten besteht. Drei von 15 Abge- 
ordneten werden vom Fürsten aus dem Volk bestellt ($ 55 KV 1862), 
sodass man den Landtag nicht schlechthin als eine Volksvertretung anse- 
hen kann.?!? Der Fürst bestätigt jetzt auch die Geschäftsordnung des 
Landtages wie auch dessen Präsidenten,”° nachdem der Verfassungsent- 
wurf des ständischen Verfassungsrates vom 1. Oktober 1848 den Erlass 
der Geschäftsordnung und die Wahl des Präsidenten noch allein dem 
Landtag vorbehalten hatte. Die Geschäftsordnung für den Landtag vom 
29. März 1863 ist von der Regierung beantragt, vom Landtag beschlos- 
sen und vom Fürsten genehmigt worden. Solche Beschränkungen offen- 
baren den Widerstand von konservativer Seite, die einer Beeinträchti- 
gung fürstlicher Rechte vorbeugen und eine Erweiterung der Befugnisse 
des Landrates bzw. Landtages unterbinden wollte.”! Deckungsgleich 
sind der Verfassungsentwurf vom 1. Oktober 1848°22? und die Konstitu- 
tionelle Verfassung von 186233 in der Frage des Selbstversammlungs- 
rechts des Landrates bzw. des Landtages, das sie negieren.?* Eine solche 
vom Prinzip der Volkssouveränität her begründete Forderung hätte 
konstitutionellen (Verfassungs-)Vorstellungen widersprochen, wie sie 
die grosse Mehrheit der Mitglieder der Deutschen Nationalversamm- 
  
317 Zu seiner Person siehe Jörg-Detlef Kühne, Die Reichsverfassung der Paulskirche, 
5.535 f. 
318 In Anlehnung an Manfred Botzenhart, Die Parlamentarismusmodelle der deutschen 
Parteien, S. 140. 
319 Vgl. Peter Geiger, Die liechtensteinische Volksvertretung, S. 42 und vorne S. 93. 
320 Vgl. die Präambel und die $$ 9 und 39 der Geschäftsordnung für den Landtag des 
Fürstentums Liechtenstein, LGBl. 1863 Nr. 1 und $ 97 KV 1862. 
321 Vgl. Peter Geiger, Geschichte, S. 274 f. 
322 Vgl. $73 Verfassungsentwurf des ständischen Verfassungsrates vom 1. Oktober 1848. 
323 Vgl. $ 90 KV 1862. Auch nach Art. 48 LV 1921 existiert kein Selbstversammlungs- 
recht. Ein solches steht jedoch wahlberechtigten Landesbürgern und drei (Einberu- 
fung des Landtages) oder vier Gemeinden (Auflösung des Landtages) zu. 
324 Vgl. $$ 39 und 79 Verfassungsentwurf des ständischen Verfassungsrates vom 
1. Oktober 1848 und $ 90 KV 1862. 
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