Jahre vor, während und nach der Synode 72 in Chur
bei aber notgedrungen stark abgrenzen muss. Wer sich - ohne Freund
von Beliebigkeit zu sein — darin in seiner Gesinnung nicht hinreichend
wiederfindet, fühlt sich ausgegrenzt, wird im kirchlichen Sinne heimat-
los, sucht sich andere Verbindungen oder zieht sich in sich selbst zurück.
Auf diese Weise werden unsere Kirchen leider immer leerer. Kinder und
Jugendliche sind dort selten anzutreffen, eher noch graue Häupter:
Jugendseelsorge wäre offensichtlich dringend nötig.
Das Erzbistum Vaduz untersteht nur dem Papst, ein Umstand, der
die Isoliertheit geradezu begünstigt. Es fehlt das Korrektiv einer
Bischofskonferenz. Nebenbei frage ich mich im Ernst, wie aufgehoben
sich Franziskus, der jetzige Papst, in der katholischen Kirche Liechten-
stein fühlen würde. Sein pastorales und soziales Engagement erscheint
mir in wohltuendem Kontrast zur hiesigen legalistischen Ausrichtung.
Der nachkonziliare und nachsynodale Prozess von der strikten Ord-
nung zum Leben hat sich bei uns leider ins Gegenteil verkehrt.
Vor mir liegt das Buch von Paul M. Zulehner: Wider die Resigna-
tion in der Kirche. Aufruf zu kritischer Loyalität (Wien: Herder ?1989).
Es ist ein Aufruf an all jene, die sich als mündige Christen nicht genü-
gend ernst genommen fühlen, für ihre Sache einzutreten. Wer weiss,
wahrscheinlich gehören wir, die wir uns in der hiesigen Kirche unwohl
oder von ihr gar ausgegrenzt fühlen, zu den Adressaten des Buches.
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