Volltext: Direkte Demokratie in Liechtenstein

Einführung, Ausbau und Änderung direktdemokratischer Instrumente 
Deutschland, wobei am 11. Mai 1919 in einer Volksabstimmung 80 Pro- 
zent für den sogenannten «Anschluss an die Schweiz» votierten. In Tat 
und Wahrheit beinhaltete die Abstimmung allerdings lediglich den Auf- 
trag an die Vorarlberger Landesregierung, mit der österreichischen Bun- 
desregierung und der Schweizerischen Eidgenossenschaft in Verhand- 
lungen über einen Anschluss an die Schweiz einzutreten.1€ 
In der liechtensteinischen Verfassung von 1921 tauchen ähnlich 
lautende Bestimmungen wie in der Vorarlberger Verfassung von 1919 
auf'?, sodass bei der Entstehung der liechtensteinischen. Verfassung 
möglicherweise auch die Entwicklung in Vorarlberg berücksichtigt wor- 
den ist. Das wäre auch insofern plausibel, als die Schlussredaktion nach 
den Schlossabmachungen durch den 1920 von Fürst Johann II. einge- 
setzten Landesverweser Dr. Josef Peer erfolgte, welcher als ehemaliger 
Bürgermeister der Stadt Feldkirch und vormaliger Hofrat beim Verwal- 
tungsgerichtshof in Wien!€^ mit der Entwicklung in Vorarlberg sicher- 
lich gut vertraut war. Es sind allerdings bislang keine Dokumente 
bekannt, die eine Verbindung zwischen Vorarlberg und Liechtenstein in 
der Frage der Einführung direktdemokratischer Rechte im damaligen 
Entstehungsprozess der neuen Verfassungen belegen würden. 
Parallelen zeigen sich an einigen Stellen. So sah die Vorarlberger 
Verfassung von 1919 wie später die liechtensteinische von 1921 die Ge- 
setzesinitiative vor, nicht nur die Verfassungsinitiative wie in der 
Schweiz auf Bundesebene. Ferner deuten fast identische Bestimmungen 
der liechtensteinischen und der Vorarlberger Verfassung darauf hin, dass 
die Vorarlberger Adaption der schweizerischen Direktdemokratie in 
Liechtenstein einen Nachklang gefunden hat. Die ursprüngliche Vorlage 
stammt jedoch mit Sicherheit aus kantonalen Verfassungen der Schweiz. 
In der damals gültigen Verfassung des Kantons St. Gallen vom 16. No- 
vember 1890 lautete Art. 48: «Der Grosse Rat ist befugt, über Aufnahme 
einzelner Grundsätze in ein zu erlassendes Gesetz eine Volksabstim- 
mung ergehen zu lassen.» $ 5 der Vorarlberger Verfassung von 1919 lau- 
  
162  Wanner 1983, S. 97ff. 
163 22. Gesetz vom 14. März 1919 über die Verfassung des Landes Vorarlberg, Vorarl- 
berger Landesgesetzblatt Jahrgang 1919, 7. Stück (auch abgedruckt in: Wanner 1984, 
S. 126-128). 
164  Quaderer 1996a, S. 78. 
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