Volltext: Direkte Demokratie in Liechtenstein

Direkte Demokratie weltweit und der Fall Liechtenstein 
Die starke Zunahme von Volksabstimmungen in den europäischen Län- 
dern hat denn auch mit den genannten Gründen zu tun.*^ Bereits die 
Einführung neuer Verfassungen in den Staaten Zentral- und Osteuropas 
erfolgte teilweise auf dem Wege von Volksabstimmungen. Weitere Ab- 
stimmungswellen haben sich in Europa mehrmals aufgrund europii- 
scher Traktanden ergeben: Abstimmungen über die Maastricht-Verträge, 
Abstimmungen über den Beitritt zur Europáischen Union, Abstimmun- 
gen über die Erweiterung der Europäischen Union, Abstimmungen über 
eine Europäische Verfassung. ® 
Es wurde deutlich, dass die direkte Demokratie neue Anforderun- 
gen an die Politikvermittlung stellt, da die Bestätigung der Entscheidun- 
gen von Staatsorganen durch das Volk keineswegs gewährleistet ist. Der 
Einbezug des Volkes hatte beispielsweise nach zwei negativen Plebiszi- 
ten in Frankreich und den Niederlanden den 2004 unterzeichneten Ver- 
trag über eine Europäische Verfassung vereitelt und machte einen neuen 
Anlauf mit einer geänderten Vorlage notwendig. 2007 wurde schliesslich 
der modifizierte Vertrag von Lissabon beschlossen, welcher am 1. De- 
zember 2009 in Kraft trat. 
David Altman (2015) hat es unternommen, für die Periode von 
1900 bis 2014 für 200 Staaten dieser Welt das Potenzial der direkten De- 
mokratie zu messen (Direct Democracy Practice Potential, DDPP). In 
seine Bewertung flossen die folgenden zwei Parameter ein: 1) wie leicht 
ein direktdemokratisches Verfahren durchgeführt werden kann und was 
für eine erfolgreiche Abstimmung benótigt wird; 2) welche Wirkung 
Volksentscheidungen nach sich ziehen. Wie leicht ein Verfahren durch- 
geführt werden kann, mass er am Vorhandensein direktdemokratischer 
Instrumentarien, an der Zahl erforderlicher Unterschriften und den zeit- 
lichen Beschránkungen. Die Hürden beim Abstimmungsvorgang unter- 
suchte er anhand von Teilnahme- und Zustimmungsquoren, qualifizier- 
ten Mehrheiten (supermajority) und Standesmehrheiten (district majo- 
rity). Die Wirksamkeit von Volksabstimmungen bestimmte er anhand 
der Frage, ob Abstimmungen verbindlich sind oder rein konsultativen 
Charakter haben, sowie anhand der Häufigkeit, mit welcher Abstim- 
mungen in der Vergangenheit erfolgreich durchgeführt worden sind. 
  
84 IRI Europe 2007, S. 238ff. 
85 Siehe Hug und Schulz 2007; Kaufmann 2014; Mendez et al. 2014. 
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