Volltext: Direkte Demokratie in Liechtenstein

Praxis der direkten Demokratie 
Im Gegensatz zur Schweiz, wo unter anderem Kirchgässner und Schulz 
die Ursachen unterschiedlicher Stimmbeteiligungen analysiert haben,°% 
ist es in Liechtenstein angesichts der weit kleineren Zahl an Volksabstim- 
mungen problematisch, einen datenbasierten, statistischen Nachweis für 
die Ursachen der Schwankungen der Stimmbeteiligung zu erbringen. Mit 
durchschnittlich rund einer Volksabstimmung pro Jahr und der langen 
Periode von fast 100 Jahren und somit stark variierenden Rahmenbedin- 
gungen, welche in die Untersuchung einfliessen müssten, steht ein statis- 
üscher Nachweis auf zu wackligen Beinen. Es gibt aber dennoch evidente 
oder plausible Begründungen für die schwankende Stimmbeteiligung. 
Kirchgässner und Schulz haben für die Schweiz fünf mögliche Ur- 
sachen als Einflussfaktoren der Stimmbeteiligung anhand von formulier- 
ten Hypothesen untersucht: die erwartete Knappheit des Resultates 
(operationalisiert über die Knappheit des Abstimmungsresultates), die 
Mobilisierung im Vorfeld der Abstimmung (Inseratefläche für Kampa- 
gnen in ausgesuchten Zeitungen), die Distanz zwischen dem neuen Poli- 
tikvorschlag und dem Status quo (Mehrauslagen oder Einsparungen), 
die Kompetenz bzw. Überforderung der Stimmberechtigten (Entschei- 
dungsschwierigkeiten gemäss VOX-Befragungen) sowie den Konflikt- 
grad einer Vorlage (Abstimmungsparolen der Parteien). Im Ergebnis 
zeigt sich, dass die Mobilisierung, insbesondere aber die Komplexität 
bzw. Verständlichkeit der Vorlage einen Einfluss auf die Stimmbeteili- 
gung haben, während die anderen Faktoren, darunter auch die erwartete 
Knappheit einer Abstimmung, keinen nachweislichen Einfluss ausüben. 
Die Summbeteiligung steigt also, wenn im Vorfeld der Abstimmung ei- 
ne breite und intensive öffentliche Auseinandersetzung stattfindet und 
wenn die Vorlage die Beurteilungskompetenz der Stimmberechtigten 
nicht überfordert. 
Betrachten wir diejenigen Volksabstimmungen in Liechtenstein seit 
der Einführung des Frauenstimmrechts (siehe Tabelle 53), welche eine 
deutlich über- oder unterdurchschnittliche Stimmbeteiligung aufweisen. 
Die Knappheit des Abstimmungsresultates korreliert dabei offenbar 
nicht mit der Höhe der Stimmbeteiligung. Allerdings muss kritisch an- 
gemerkt werden, dass die Knappheit nicht in jedem Fall bereits vor der 
Abstimmung erkennbar ist, zumal es in Liechtenstein keine den VOX- 
  
600 Kirchgässner und Schulz 2002, 2005. 
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