Volltext: Direkte Demokratie in Liechtenstein

Verfahren und Regelungen bei Volksabstimmungen 
Mehrs ausser Betracht», eine Regelung, die bei mehreren parallel abzu- 
stimmenden Vorlagen für jede Einzelfrage getrennt angewendet wird. 
Das Adjektiv «absolut» könnte also weggelassen werden, da es keinen 
Unterschied zu einer «Mehrheit der gültig Stimmenden» bezeichnet, 
wenn nur die Ja- und Nein-Stimmen gewertet werden. 
Unter die Regelung von Art. 66 Abs. 4 LV fällt auch eine Volksab- 
stimmung über einen Landtagsentwurf für eine republikanische Verfassung 
als Alternative zur Beibehaltung der bestehenden Verfassung. In Art. 113 
Abs. 2 LV heisst es zwar etwas vage, dass entscheidend für die Annahme 
die «absolute Mehrheit» ist, aber der Verweis auf den erwähnten Art. 66 
Abs. 4 LV lässt keinen Zweifel aufkommen, dass darunter wiederum die 
absolute Mehrheit der gültig abgegebenen Stimmen verstanden wird. 
4.7.3 Absolute Mehrheit der Stimmen — 
Volkswahl der Richter 
Ein anderes Ermittlungsverfahren gilt bei einer Volkswahl von Richtern, 
welche 2003 neu in die Verfassung eingeführt wurde. Bei der Richter- 
wahl ist in einer allfälligen Stichwahl, bei welcher nur die beiden Stim- 
menstärksten aus dem ersten Wahlgang zur Wahl stehen, die «absolute 
Mehrheit der Stimmen» entscheidend (Art. 96 Abs. 2 LV). Da sonst in 
der Verfassung explizit die «gültig abgegebenen Stimmen» als Referenz- 
grösse erwähnt werden, beinhalten die «Stimmen» ohne einschränken- 
des Adjektiv mehr, nämlich auch die ungültigen und leeren Stimmen. 
Unter absoluter Mehrheit der Stimmen wäre daher genau genommen die 
Mehrheit der Abstimmungsteilnehmer zu verstehen, womit auch der 
Fall eintreten könnte, dass niemand die «absolute Mehrheit der Stim- 
men» erreicht und somit kein Richter gewählt wäre. 
Hätte der StGH einen solchen Fall zu beurteilen, würde er eventu- 
ell zum Schluss kommen, dass die Formulierung ein Versäumnis des 
Gesetzgebers war und wie andernorts von der «absoluten Mehrheit der 
gültig abgegebenen Stimmen» auszugehen ist. Hierfür würde sprechen, 
dass eigentlich im zweiten Wahlgang gemäss Verfassung eine definitive 
Entscheidung vorgesehen ist und kein weiterer Verfahrensweg angedeu- 
tet wird. Würde der StGH hingegen zum Schluss kommen, dass die 
wörtliche Auslegung massgeblich ist und also im Volk kein Mehrheits- 
konsens in der Richterwahl vorhanden ist, müsste das Verfahren wohl 
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