Volltext: Direkte Demokratie in Liechtenstein

Gegenvorschlag des Landtages zu einer Volksinitiative 
bis der Verfassung bezog (IV. Hauptstück «Von den allgemeinen Rech- 
ten und Pflichten der Landesangehörigen»). Es hätte also zuerst plausi- 
bel gemacht werden müssen, dass sich die beiden Regelungen wechsel- 
seitig ausschliessen, zumal der Landtagsbeschluss nicht mit dem Etikett 
des Gegenvorschlags zur Abstimmung gelangt wäre. 
Das Grundproblem liegt darin, dass die Verfassung keinen geson- 
derten Hinweis auf einen Gegenvorschlag des Landtages macht. Sonst 
hätten etwa in der Geschäftsordnung des Landtages oder im VRG unter- 
schiedliche Regelungen zum normalen Gesetzgebungsverfahren und zu 
einem Gegenvorschlag statuiert werden müssen. Da dies bislang nicht 
der Fall ist, musste sich der Landtag an den verfassungsmässig und ge- 
setzlich vorgeschriebenen Weg halten, den Landtagspräsident Wanger 
eingeschlagen hat. Damit läuft man aber auch Gefahr, dass es Komplika- 
tionen wie ım oben geschilderten, hypothetischen Fall geben kann. 
Es bleibt verfassungsrechtlich zu prüfen, ob eine Präzisierung des 
Verfahrens bei einem Gegenvorschlag auch ohne Verfassungsänderung 
möglich ist. In Art. 64 Abs. 5 LV wird erwähnt, dass die näheren Bestim- 
mungen über Volksinitiativen durch ein Gesetz getroffen werden, kon- 
kret ist dies das VRG. Darin könnten allenfalls auch Präzisierungen zum 
Gegenvorschlag des Landtages formuliert werden. Ferner regelt Art. 60 
LV, dass der Landtag unter Beobachtung der Bestimmungen der Verfas- 
sung eine Geschäftsordnung beschliesst. In der gültigen Geschäftsord- 
nung (LGBI. 2013.009 GOLT) ist die Beratung von Gesetzesvorlagen in 
Art. 34 geregelt. An keiner Stelle findet sich ein Hinweis auf ein abwei- 
chendes Verfahren im Falle eines Gegenvorschlages zu einer Initiative. 
Daher muss sich der Landtag an das übliche Verfahren halten. 
Im Gegensatz zur liechtensteinischen Verfassung regelt die Bun- 
desverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft in Art. 139 Abs. 5, 
dass die Bundesversammlung der Initiative einen Gegenentwurf gegen- 
überstellen kann. Art. 139b regelt die Verfahren bei Initiative und Ge- 
genentwurf. Weitere Einzelheiten werden im Bundesgesetz über die 
Bundesversammlung vom 13. Dezember 2002 geregelt. Art. 101 (Gegen- 
entwurf) halt in Abs. 1 fest, dass die Bundesversammlung einen Gegen- 
entwurf zur gleichen Verfassungsmaterie zur Abstimmung unterbreiten 
kann. Der Bundesbeschluss wird nach Abs. 2 in jedem Rat behandelt, 
bevor der Rat über die Abstimmungsempfehlung im Bundesbeschluss 
über die Initiative entscheidet. Für die Beschlussfassung gelten bestim- 
mte Fristen (Abs. 3). 
203
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.