Die direktdemokratischen Instrumente in der Gegenwart
fügt werden. In diesem Falle hat die Regierung den Beschluss sofort dem Landes-
fürsten zur Sanktion vorzulegen und ihn nach Eingang derselben im Landesgesetz-
blatt zu veröffentlichen und in Vollzug zu setzen.
Art. 30 Abs. 4 VRG 1922 enthielt noch den Zusatz, dass der Entscheid
einer Dringlicherklärung der absoluten Mehrheit sämtlicher Mitglieder
des Landtages zusteht. Dieser Zusatz wurde in der Revision des VRG
wegen Bedenken hinsichtlich der Verfassungskonformität fallengelas-
sen.’ Im gleichen Zuge wurde auch die unklare Formulierung in Art. 30
Abs. 1 lit. a VRG 1922 fallengelassen, wonach der Landtag eine Volks-
abstimmung «mit absolutem Mehr» beschliessen konnte. Im neuen
VRG heisst es, «wenn der Landtag selbst eine solche beschliesst» (Art. 75
Abs. 1 lit. a VRG 1973).
Nach Art. 75 Abs. 1 VRG kann der Landtag Gesetzes- und Finanz-
beschlüsse für dringlich erklären. In diesem Falle sind sie dem Referen-
dum entzogen. Bei den Staatsverträgen (Art. 75a VRG) ist diese Dring-
licherklärung hingegen nicht möglich. Alle Staatsverträge, denen der
Landtag zustimmt, unterstehen dem fakultativen Referendum oder kön-
nen auf Beschluss des Landtages dem Volk zur Abstimmung unterbreitet
werden,3%5
304 Die Revision des VRG 1973 hatte eine lange Vorgeschichte. Die 1. Lesung erfolgte
am 19. Juni 1968. Nach der 1. Lesung wurde eine vorberatende Landtagskommis-
sion gewählt. In den folgenden Jahren verzögerten verschiedene Vorstösse zur Ein-
führung des Frauenstimmrechts und die Diskussionen über einen neuen Wahlmo-
dus die Weiterberatung des VRG im Landtag. Die 2. und 3. Lesung wurden erst am
17. Juni 1973 im inzwischen neu gewählten Landtag und nach einem Wechsel der
Regierung abgehalten. In der 1. Lesung hatte der Abgeordnete Ernst Büchel kriti-
siert, dass gemäss Art. 75 VRG (Entwurf) bei der Entscheidung über die Dringli-
cherklärung die «absolute Mehrheit sämtlicher Mitglieder des Landtages» notwen-
dig sei. Er fragte sich, ob diese Bestimmung nicht verfassungswidrig sei, da Art. 66
LV nur laute, «wenn der Landtag eine solche beschliesst» (LTP 1968, S. 134). Die
Formulierung «absolute Mehrheit sämtlicher Mitglieder des Landtages» war bereits
in Art. 30 Abs. 4 VRG 1922 enthalten gewesen und im Entwurf für die 1. Lesung
des neuen VRG übernommen worden. In der Schlussfassung VRG 1973 ist nur
noch vom «Entscheid des Landtages» die Rede.
305 Diese Auffassung wird auch von Wille 2015, S. 432, vertreten: «So steht die Zustim-
mung des Landtages zu einem Staatsvertrag im Unterschied zu Verfassungs-, Geset-
zes- und Finanzbeschlüssen immer dem Referendum offen.» Gerard Batliner hatte
sich in seinem Interview im Liechtensteiner Volksblatt, erschienen am 19. Januar
1989 im Kontext der Freie-Liste-Initiative zur Einführung eines Staatsvertragsrefe-
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