Volltext: Direkte Demokratie in Liechtenstein

Formulierte Initiative 
3.1.4.2.2 Einheit der Materie 
Im Abschnitt über die Einheit der Form wurde bereits das Erfor- 
dernis der Einheit der Form und der Einheit der Materie in der schwei- 
zerischen Bundesverfassung Art. 139 (neu) Abs. 2 BV zitiert. Ein ebenso 
klar deklarierter Grundsatz der Einheit der Materie findet sich in der 
liechtensteinischen Rechtsordnung nicht. In der Entscheidung über eine 
Beschwerde auf Nichügerklàrung des Initiativbegehrens von Fürst 
Hans-Adam II. und Erbprinz Alois?!6 im Vorfeld der Volksabstimmung 
über die Verfassungsánderungen von 2003 hielt die VBI apodikusch fest: 
«Der Grundsatz der Einheit der Materie gilt in Liechtenstein nicht».27 
Es gibt aber auch Hinweise in Urteilen der Verwaltungsbeschwerdein- 
stanz (VBI) - heute: Verwaltungsgerichtshof (VGH) — und des Staatsge- 
richthofs (StGH), die in eine andere Richtung weisen, sodass die Regie- 
rung mindestens in Extremfillen durchaus die Meinung vertreten 
könnte, dass die Einheit der Materie verletzt ist, der Wahlerwille sich 
somit nicht differenziert genug ausdrücken kann und daher die Anmel- 
dung eines Begehrens nicht vollzogen werden kann. Wir werden darauf 
weiter unten in diesem Kapitel zurückkommen. 
Nach schweizerischer Auslegung bedeutet Einheit der Materie, 
dass zwischen den einzelnen Teilen des Begehrens ein sachlicher Zusam- 
menhang bestehen muss. Nach Hangartner und Kley sind dementspre- 
chend verschiedene Initiativen einzureichen, wenn die Revisionswün- 
sche der Initianten mehrere, unterschiedliche Materien betreffen.?!8 Die 
Revision darf sich also immer nur auf eine einzige politische Frage bezie- 
hen, wie auch Tschannen präzisiert.!° Ziel dieses Grundsatzes ist die 
korrekte demokratische Willensbildung. Einerseits soll bei der Unter- 
schriftensammlung der wirkliche Wille der Initianten erkennbar sein. 
Andererseits soll dies auch bei der späteren Volksabstimmung gewähr- 
leistet sein.22° 
216 Zu Fürst Hans-Adam II. siehe Redaktion, «Liechtenstein, Hans-Adam II. von», in: 
HLFL, S. 539£., zu Erbprinz Alois siehe Harald Wanger, «Liechtenstein, Alois von», 
in: HLFL, S. 526f. 
217  VBI 2002/96 vom 12. November 2002, S. 121. Die VBI bezieht sich dabei in der 
Begründung (S. 66—70 [68]) auch auf Batliner (1993, S. 148—151). 
218  Hangartner und Kley 2000, S. 341. 
219  Tschannen 2004, S. 530, 662-665. 
220  Hangartner und Kley 2000, S. 836. 
125
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.