Nachbarn in Ruhe gelassen werden sollen. Sie werde weiterhin Hausbesuche bei dieser Frau
machen, weshalb sie ihr gegenüber mit mehr Respekt begegnen sollte. „Es sei das zur
Stützung ihrer Autorität notwendig, dann aber auch im Interesse der Kinder der Frau [x].“*°
Zudem sei die Frau , eine etwas konfuse Person [...], an deren Geisteszustand man zweifeln
muss. Diesbezüglich wird Manches in der Oeffentlichkeit gesagt.“?” Schon alleine deswegen
sei es notwendig, dass die Kinder beaufsichtigt werden. Die Aussage der Säuglingsfürsorgerin
zeigt auf, dass die Aufsichts- und Kontrollfunktion der Säuglingsfürsorgerin amtlich gestützt
wurde und somit hohe Entscheidungsgewalt hatte. Die Verdächtigung der beschuldigten Frau,
dass Nachbarn sie verraten haben könnten, deutet auf ein ähnliches Muster hin, wie es, wie
weiter oben beschrieben, bspw. bei den Fürsorgerinnen im Kanton Zürich der Fall war.
Bemerkungen zum „Geisteszustand“ der Mutter sowie dem Zustand des Haushaltes flossen in
die Wertung der Säuglingsfürsorgerin ein, die wiederum in die Entscheidung der Regierung
miteinbezogen wurde. Die Einschätzung der Säuglingsfürsorgerin konnte in diesen
Entscheidungen grosses Gewicht haben. Die beklagte Frau wurde nach dem Bericht in einem
Schreiben der Regierung darauf aufmerksam gemacht, dass die Säuglingsfürsorgerin ihrer
Pflicht nachgehen müsse und sie die amtliche Befugnis dazu besitze. Ihr gegenüber sollen
„keine Hindernisse in den Weg“ gelegt werden und „Es wird Ihr ureigenstes Interesse sein,
wenn Frl. Wohlwend sich Ihrer Kinder annimmt.“ *!®
Diese Aussage könnte zum einen
bedeuten, dass die Säuglingsfürsorgerin sich der Gesundheit und dem Wohlergehen der
Kinder annimmt oder aber, dass bei wiederholtem Vergehen vormundschaftliche
Konsequenzen in Form der Kindswegnahme eintreten könnten.
7.4 Die Familienfürsorge des LRK und die Fürsorgerinnen
Die Familienfürsorge wurde 1948 gegründet. Diese war die „erste allgemeine Fürsorgestelle
in Liechtenstein ^P?
, welche aufgrund des dringenden Bedürfnisses der Bevólkerung errichtet
wurde. In Zusammenarbeit mit anderen Organisationen, wie bspw. dem Caritas-Verein sowie
Seelsorgern oder Ärzten, befasste sie sich mit der Jugend- und Altersfürsorge, der
Gebrechlichenfürsorge und der Trinkerfürsorge." Die Fürsorgerinnen wurden zur direkten
46 Ebd.
47 Ebd.
48 Ebd. Brief der Regierung vom 21.09.1936.
9 Ebd. S. 15.
?? Vel. ebd.
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