Volltext: Die Entwicklung der Jugendfürsorge in Liechtenstein von 1930-1970 mit besonderer Berücksichtigung der Sozialhilfe und der behördlichen Versorgung

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der Armengesetzgebung ein. Beide waren Mitglieder der Armenpflegerkonferenz und 
unter der Leitung von Keller wurde ein Konkordat zum Wohnortsprinzip ausgearbeitet. Der 
Prozess zur Annahme des Entwurfs dauerte sehr lange. Zum ersten Mal wurde er 1912 
verworfen und erst 1920 im Zuge der ‚Oltener Vereinbarung‘ und als Reaktion auf den 1. 
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Weltkrieg vom Bundesrat als Gesetz in Kraft gesetzt. " Im Jahr 1937 erfolgte eine Revision 
mit strikteren Richtlinien. Erst 1956 wurden die Regelungen wieder gebessert und 1975 
wurde das Heimatortprinzip zu Gunsten des Wohnortprinzips nach einer Volksabstimmung 
landesweit abgeschafft. 
HUNZIKER verdeutlicht, dass in Liechtenstein andere Verháltnisse herrschen, als bspw. im 
155 Durch die Kleinheit konnten die Gemeinden die meisten 
benachbarten Kanton St. Gallen. 
fürsorgernschen Angelegenheiten tátigen und die zentrale Fürsorgestelle als Anlaufstelle 
genutzt werden, wenn die Gemeinden nicht weiterkamen: 
Ihre Souveränitätsrechte [der Gemeinden] bleiben trotzdem gewahrt. Mit diesen 
Bestimmungen werden die meisten Gemeinden darum herumkommen, eine eigene 
Fürsorgebehórde aufzubauen und dort, wo sie die Fürsorge nur teilweise der staatlichen 
Institution zur Durchführung übertragen, den Rest durch den engeren Gemeinderat besorgen 
lassen. 
Die Begriffe ,Fürsorgekommission" und ,Fürsorger‘ gehôrten zur Gemeindeebene, 
,Fürsorgerat“ und ,Fürsorgeamt“ bildeten die staatlichen Organe. 187 
Die grundsätzliche Organisation der Fürsorge stützt sich nach dem Modell von HUNZIKER auf 
das Subsidiaritätsprinzip, welches in Artikel 10 des SHG geregelt ist: „Die Fürsorgeorgane 
haben die privaten Fürsorgeträger zu berücksichtigen. Eigene fürsorgerische Tätigkeit tritt nur 
ein, wenn die Tätigkeit der privaten Träger keinen Erfolg gezeitigt hat oder erwarten lässt.“ '®® 
Die Klienten können also selbst bestimmen, ob sie nun bei der privaten oder staatlichen 
Fürsorge als erstes Hilfe einholen. Die sozialen Einrichtungen handeln eigenständig und der 
Staat greift nur bei Bedarf ein. Der Staat sorgt primär dafür, dass die Sozialhilfe im Sinne der 
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Subsidiaritát funktioniert. " Der Begriff der Subsidiaritát stammt aus der chrstlichen 
Soziallehre und wurde in der Sozialenzyklika von Papst Pius' XI. ,Quadragesimo anno" von 
  
2 Ebd. S. 241. 
355 Vgl ebd, S. 241-242. 
1** Vel ebd, S. 246-247. 
7? vgl LLA RF 296/72/3/1, Motivbericht, 24.10.1965, S. 1, der Bericht ist auch an der Begründung angehängt 
ab S. 6. 
18 Ebd. S. 1. 
137 Ebd, S. 2. 
155 Art. 10 SHG. 
1? Vgl. Die Brockhaus Enzyklopádie Online: Subsidiaritátsprinzip (katholische Soziallehre) [online]. 
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