befasst, Reformvorschläge für das Gesellschaftswesen zu entwickeln.“9 Danach zählte er
allgemeine Massnahmen auf, die in Betracht gezogen würden um ‚Missbrauch‘ zu
bekämpfen und vorzubeugen.
Herbert Kindle, als Mitglied der Opposition und Mitunterzeichner der Interpellation, zeigte
sich neutral zur Stellungnahme des Regierungschefs: „Es ist zur Kenntnis zu nehmen,
dass auch von der Regierung die Eigenverantwortlichkeit des Landes, das Problem als
solches, die Notwendigkeit einer tatkräftigen Verteidigung des Gesellschaftswesens gegen
Missbräuche erkannt wird, und dass konkrete Massnahmen vorgesehen sind.“91 Der
Landtagspräsident erklärte sich ‚befriedigt‘ und dankte der Regierung. Er wiederholte im
kleinen die Punkte des Regierungschefs, als er auf die freiheitliche Wirtschaftsordnung
und Liberalitäten, auf Missbrauch und Kontrollen sowie Sanktionen und die stetigen
Reformbemühungen durch den Verein Liechtensteinischer Rechtsanwälte, die schon vor
der Affäre angefangen hätten, verwies. Die Interpellation war damit zu Ende. Die
Regierung hatte die Fragen der Parteien beantwortet.
5.3.3 Fazit
Die Debatten der 70er waren sehr unterschiedlich. Während die Debatte von 1974 die
Opposition vollständig mobilisierte und heftige Kritik auslöste, vor allem in Bezug auf den
Staatshaushalt, zeigte die Interpellation von 1977 eine ähnliche Zusammenarbeit der
Parteien wie 1963. Das Parlament liess der Regierung umfassend Raum für eine Antwort.
Man verzichtete auf eine Gesetzesänderung und wählte dafür die Form der Interpellation.
Damit zeigte man sowohl Handlungsbereitschaft als auch Autonomie, gewährte dem
Regierungschef Gelegenheit eine Stellungnahme zur aktuellen Affäre abzugeben und bot
vor allem Raum für die eigene Darstellung des Sachverhaltes und der Zusammenhänge.
Inhaltlich stärkte man das PGR, indem man vor allem auf die liberale Wirtschaftsordnung,
den freiheitlichen Gedanken, die Konkurrenzsituation und den Staatshaushalt verwies.
Man redete ebenso durchgehend vom Missbrauch des Gesellschaftswesens und legte
damit die Täterschaft beim ausländischen Steuerzahler und Gesellschaftsgründer, und die
Opferschaft beim inländischen Gesellschaftswesen fest. Man nutzte den sprachlichen
Spielraum.
9 Ltp vom 3.10.77, S. 337.
91 Ltp vom 3.10.77, S. 339.
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