4.4 Die liechtensteinische Regierung
Bis 1965 bestand die Regierung aus drei Mitgliedern; dem Regierungschef und zwei
Regierungsräten. Der Landtag hatte das Recht den Regierungschef und seinen
Stellvertreter dem Fürsten vorzuschlagen. Der Monarch ernannte sie auf sechs Jahre. Die
zwei zusätzlichen Regierungsräte mitsamt Stellvertreter wählte das Parlament für vier
Jahre.*7 Der Landtag beziehungsweise die Landtagsmehrheit hatte jedoch immer grossen
Einfluss auf die Zusammensetzung der Regierung. In der Praxis zeigte sich, dass die
Regierungsbildung eine Sache des Parlaments war.# In der Regel wurde der
stellvertretende Regierungschef und einer der Räte von der Minderheitspartei, also der
VU, gestellt. Das war insofern problematisch, da bei Abwesenheit des Regierungschefs
die Minderheit im Parlament eine Mehrheit in der Regierung hatte. Man änderte dies 1965,
indem man den Stellvertreter zum Ratsmitglied umfunktionierte und einen zusätzlichen
Rat wählte. %9
Ab 1965 bestand die Kollegialregierung aus dem Regierungschef, vier Regierungsräten
und ihren jeweiligen Vertretern, welche vom Landesfürsten einvernehmlich mit dem
Landtag auf Vorschlag des Landtags ernannt wurden. Man kürzte die Amtsperiode des
Regierungschef auf vier Jahre. Die Mandatsdauer war jedoch nicht gekoppelt an die
Mandatsdauer des Parlaments.so 1971 führte man die Ressortvertretung ein. Anstelle der
alleinigen Vertretung der Regierung durch den Regierungschef, konnten nun die einzelnen
Räte der Ressorts im Landtag Rechenschaft ablegen und Vorlagen vertreten.
Zu den Aufgaben der Regierung gehörten unter anderem der Erlass von Verordnungen,
seien es fürstliche oder von der Regierung, das Ausarbeiten von Gesetzesvorlagen oder
das Lancieren von Gesetzesinitiativen für den Fürsten. Ebenso übernahm sie die
Beaufsichtigung der Behörden, die Verwaltung des Personals und der
Verwaltungsgebäude, und arbeitete Regierungsvorlagen für den Landtag aus. Sie war
ebenso Anlaufstelle bei Beschwerden über die Ämter, Kommissionen oder Gemeinden.
Ausserdem oblag ihr die Ausarbeitung des Rechenschaftsberichts.5:
+ Geiger: Krisenzeit Bd. 1, S. 67.
% Marxer: Wahlverhalten und Wahlmotive im Fürstentum Liechtenstein, S. 37.
4% Vogt: 125 Jahre Landtag, S. 135.
50 Marxer: Wahlverhalten und Wahlmotive im Fürstentum Liechtenstein, S. 44-46.
51 Banzer et. al.: Fürst und Volk, S. 98.
16