Volltext: Gemeindesezession Schaffung einer gesetzlichen Austrittsmöglichkeit für Schweizer Gemeinden

handelt, sondern um die grundsätzliche Anerkennung der Gemeinde als öffentlich-rechtliche 
Kôrperschaft.° Die Gemeinden dürfen folglich nicht selbständig über ihren Bestand und die 
Grenzen ihres Gebietes entscheiden.> Es ist Aufgabe des Kantons, sein Territorium auf Ge- 
meinden aufzuteilen.°° Gemäss BGer bestimmt das kantonale Verfassungs- und Gesetzesrecht, 
"... ob Gemeinden erhalten oder geschaffen" werden sollen.?! So sind die Kantone auch grund- 
sätzlich befugt, Gemeindefusionen zu beschliessen.? Die Gemeinden erfahren eine relative Be- 
standesgarantie durch die Kantone.9 Für Gebietsveránderungen von Gemeinden haben die 
Kantone unterschiedliche Regelungen. So kennt z.B. die KV von Zürich nur Bestimmungen 
über den Zusammenschluss oder Neubildung von Gemeinden (Art. 84 KV ZH), die KV von 
Luzern hingegen geht weiter und spricht in $ 74 von "Veränderungen im Bestand und Gebiet 
von Gemeinden" und sogar vom Fall eines Kantonswechsels. 
Aus diesen Ausführungen erschliesst sich, dass Gemeindegebietsveránderungen im Zustàndig- 
keitsbereich des Kantons liegen. Der Kanton kann über sein Territorium selbstándig verfügen. 
Daher muss er auch eine Regelung über den Austritt einer Gemeinde aus seinem Territorium 
(wie z.B. bei einem Kantonswechsel), erlassen dürfen. Im Folgenden muss allerdings noch 
überprüft werden, ob es auf Bundesebene eine Schranke gibt, da durch die Sezession einer Ge- 
meinde auch die schweizerischen Landesgrenzen betroffen wáren. 
3. Rechtslage auf Bundesebene 
Im Kontext eines Gemeindeaustritts ist insbesondere Art. 53 BV zu untersuchen. 
Art. 53 Abs. 1 BV soll den innerstaatlichen Frieden sichern, indem er vor eigenmáchtigen Be- 
t^ Die Bestandes- 
standes- und Gebietsveránderungen durch Kantone oder Teilgebiete schütz 
garantie schützt die 26 Kantone vor jeglicher Veránderung in ihrer Anzahl.9? Soll der Bestand 
verándert werden, wie z.B. bei der Trennung des Juras vom Kanton Bern 1978,56 so muss dies 
mittels des Verfahrens von Art. 53 Abs. 2 BV verlaufen, wonach die betroffene Bevólkerung 
und die Kantone sowie Volk und Stánde zustimmen müssen ?" Volk und Stánde stimmen der 
  
55 GEIGER, S. 78. 
?? Bbd., S. 133; MEYER, S. 17. 
$9 GEIGER, S. 133. 
8! Urteil BGer vom 5. November 1997 (1P.235/1997), E. 4. 
“2 BSK BV-MEYER, Art. 50 N 26. Allerdings ist zu erwühnen, dass eine Gemeinde eine unrechtmássige Zwangs- 
fusion mit der Verletzung der Gemeindeautonomie rügen kann, weil die Gemeinde in ihrer Existenz berührt ist: 
BGE 131191, E. 1. 
63 BIAGGINI/GACHTER/KIENER $ 11 N 39. Z.B. ermóglicht Art. 26 Abs. 3 KV VS dem Grossen Rat (Kantonspar- 
lament), die Zahl und Umgrenzung der Gemeinden per Dekret abzuändern. 
64 BIAGGINI BV, Art. 53 N 2; TIEFENTHAL, S. 72. 
65 BSK BV-BELSER/MASSÜGER, Art. 53 N 21; BIAGGINI BV, Art. 53 N 4. 
$6 Art. 53 BV in der heutigen Form gibt es erst seit der letzten Totalrevision der BV im Jahr 1999. 
67 BSK B V-BELSER/MASSÜUGER, Art. 53 N 28 ff.; BIAGGINI BV, Art. 53 N 2.
	        

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